OLG Frankfurt/M.: Zum Umfang der quotalen Haftung von Gesellschaftern einer Publikums-GbR bei Ausfall eines Gesellschafters

26.08.2009

BGB §§ 705 ff., 366 ff.; HGB § 128; ZPO § 767

Zum Umfang der quotalen Haftung von Gesellschaftern einer Publikums-GbR bei Ausfall eines Gesellschafters

OLG Frankfurt/M., Urt. v. 25. 2. 2009 – 23 U 18/07

Leitsatz der Redaktion:

Wer sich an einer Immobilien-Publikums-GbR mit quotaler Haftung beteiligt, wird regelmäßig davon ausgehen, dass er im Falle eines Scheiterns des Immobilienprojekts wenigstens insoweit gesichert ist, dass auch der Erlös aus der Zwangsversteigerung des Grundstücks ihm im Verhältnis zum Kreditgeber und Grundbuchgläubiger anteilig zugute kommt und seine Haftung so zumindest reduziert wird. Treten die Initiatoren und Kreditgeber dieser nahe liegenden Erwartungshaltung nicht entgegen, tragen sie das Risiko der Illiquidität einzelner Gesellschafter.

Zum Sachverhalt:

Der Kläger wendet sich mit einer Vollsteckungsgegenklage gegen die Zwangsvollstreckung der beklagten Bank wegen einer Darlehensfor-ZIP Heft 34/2009, Seite 1620derung aus zwei notariellen Urkunden. Darin hatte sich der Kläger im Namen der Gesellschafter der Grundstücksgesellschaft T. GbR verpflichtet, sich der sofortigen Zwangsvollstreckung in den belasteten Grundbesitz in der Weise zu unterwerfen, dass die Zwangsvollstreckung aus den Urkunden gegen den jeweiligen Eigentümer entsprechend seinem Haftungsanteil an der GbR zulässig sei.

Die Grundstücksgesellschaft T. GbR war war als Unterdeckungsmodell konstruiert. Die gesetzlich unbegrenzte Haftung der Gesellschafter war vertraglich anteilig auf die Quote ihrer jeweiligen Beteiligung an der Gesellschaft begrenzt.

Am 14.3.1989 unterzeichnete der Kläger eine notarielle Urkunde, in der er erklärte, der Grundstücksgesellschaft beizutreten und einen Anteil i.H. v. 200.000 DM zu übernehmen. Er erteilte in dieser Urkunde dem Treuhänder, der E. GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Vollmacht, Finanzierungsvermittlungsverträge abzuschließen und die Gesellschafter bei der Beantragung und dem Abschluss der erforderlichen Darlehensverträge sowie bei der Bestellung dinglicher Sicherheiten zu vertreten und alle in diesem Zusammenhang erforderlich werdenden Erklärungen abzugeben. Danach sollte der Treuhänder u.a. berechtigt sein, bei der Bestellung dinglicher Sicherheiten die Gesellschafter wegen der Grundschuldbeträge und der Zinsen sowie Nebenleistungen der sofortigen Zwangsvollstreckung in den belasteten Grundbesitz zu unterwerfen. Die GbR schloss am 13.6.1989 mit der Beklagten einen Barkreditvertrag über 4.712.000 DM, der zur Zwischenfinanzierung diente und Anfang 1990 vollständig abgelöst war. Zur Sicherheit für diesen Barkredit dienten der Beklagten zwei erstrangige Grundschulden über 3.005.000 DM und 2.213.000 DM. Am 25. 5. /13.6.1989 wurde zwischen der GbR und der Beklagten ein Annuitätendarlehen über 2.213.000 DM geschlossen, am 19.7.1989 ein weiteres Darlehen i.H. v. 3.005.000 DM.

Die GbR erwirtschaftete jahrelang Verluste und forderte von ihren Gesellschaftern Nachschüsse, die aber nur teilweise erbracht wurden. Am 25.1.2002 kündigte die Beklagte die der GbR eingeräumten Kredite, da die Zins- und Tilgungsleistungen nicht ordnungsgemäß erbracht wurden. Die Beklagte nimmt daher den Kläger aus den notariellen Urkunden in Anspruch.

Im März 2004 wurde die Zwangsverwaltung angeordnet. Am 27.9.2006 wurde das Objekt von dem AG Neukölln zwangsversteigert. Die Beklagte erhielt im Februar 2007 den Versteigerungserlös. Er betrug netto (nach Abzug der Kosten für Zwangsverwaltung und -versteigerung) 1.037.269,75 €. Nach einer Aufstellung der Beklagten steht ihr aus beiden Darlehen zusammen gegen die GbR per 23.7.2008 eine restliche Hauptforderung i.H. v. 193.701,16 € zu.

Das LG hat die Klage abgewiesen. Der Kläger hat gegen das Urteil Berufung eingelegt. Er beantragt, 1./2. die Zwangsvollstreckung aus den notariellen Urkunden für unzulässig zu erklären, 3. die Beklagte (wegen Aufklärungspflichtverletzung) zu verurteilen, an den Kläger 66.619,76 € Zug um Zug gegen anteilige Übertragung des Gesellschaftsanteils an der Grundstücksgesellschaft T. GbR in Höhe einer Beteiligungssumme von 200.000 DM zu zahlen, 4. den Kläger bezüglich aller Verpflichtungen, welche im Zusammenhang mit seiner Gesellschafterstellung an dem Fonds GbR T. gegenüber Mitgesellschaftern und anderen Dritten stehen und die bis zum Zeitpunkt der anteiligen Übertragung der Gesellschaftsanteile an die Beklagte bestehen bzw. entstanden sind, insbesondere von den Verpflichtungen aus dem Darlehensvertrag freizustellen.

Die Beklagte beantragt, 1. die Berufung zurückzuweisen, 2. widerklagend den Kläger zu verurteilen, an die Beklagte 26.716,15 € zu zahlen, 3. hilfsweise den Kläger für den Fall der (teilweisen) Begründetheit der Anträge des Klägers zu 1. und/oder 2. zu verurteilen, an die Beklagte 84.938,60 € zu zahlen.

II. Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet.

a) Die Anträge des Klägers zu 1. und 2. stellen eine (zulässige) prozessuale Gestaltungsklage gem. § 767 ZPO analog dar, mit der die Unwirksamkeit der beiden notariellen Urkunden, die eine Übernahme der persönlichen Haftung und eine Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung in das gesamte Vermögen enthalten, geltend gemacht wird.

Die vom Kläger vorgetragenen Bedenken gegen die Wirksamkeit der beiden notariellen Urkunden überzeugen nicht. (Wird ausgeführt.)

b) Aus dem Vorbringen des Klägers zweiter Instanz lässt sich nichts entnehmen, was den Zahlungsanspruch (Antrag zu 3.) rechtfertigen würde. Dies gilt insbesondere für die Wirksamkeit des Darlehensvertrages vom 25.5.1989, dessen Konditionen in vollem Umfang dem wirksamen Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 28.4.1989 („Darlehen II“) entsprechen. Der Kläger ist auch in wirksamer Art und Weise Gesellschafter geworden, da selbst ein fehlerhafter Gesellschaftsbeitritt nicht zur Unwirksamkeit des Beitritts führt (BGH ZIP 2007, 264 = NJW 2007, 1127, dazu EWiR 2007, 321 (Kulke)). Auf einen Schadensersatzanspruch kann sich der Kläger auch nicht berufen, da er nicht Vertragspartner der Beklagten war und deswegen auch prinzipiell kein Aufklärungsverschulden geltend machen kann.

Eine Bank, die – wie hier – keine Beratung vornimmt, ist nicht verpflichtet, den Darlehensnehmer z.B. über Gefahren und Risiken der Verwendung des Darlehens aufzuklären. Dies gilt auch bei Darlehen, die der Finanzierung eines Immobilienfondsanteils dienen (BGHZ 156, 46, 49 = ZIP 2003, 1592 = WM 2003, 1762, dazu EWiR 2004, 177 (Tiedtke); BGH ZIP 2007, 1852 = WM 2007, 1831, dazu EWiR 2008, 21 (Rösler)). Die Rechtsprechung hat allerdings vier Ausnahmefallgruppen entwickelt, bei denen im Ergebnis eine Aufklärungspflicht der kreditgebenden Bank bejaht wird. Deren Voraussetzungen liegen hier jedoch nicht vor. (Wird ausgeführt.)

c) Dementsprechend kann auch dem Antrag zu 4. nicht stattgegeben werden. Überdies kommt auch eine Freistellung von Forderungen der Beklagten im Rechtsverhältnis der Parteien nicht in Betracht. Eine Freistellung bezieht sich immer auf Forderungen Dritter. Insoweit hätte die Erhebung einer Feststellungsklage näher gelegen.

III. Die Widerklage ist zulässig. (Wird ausgeführt.)

Der Beklagten steht jedoch die Forderung in dem geltend gemachten Umfang nicht zu. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte eigenen Angaben nach bereits im Besitz von zwei Titeln über insgesamt 84.938,60 € nebst Zinsen ist und nur einen zusätzlichen Betrag geltend macht, den sie zunächst mit 26.716,15 € und später mit 24.444,47 € angegeben hat.

Es kann dahingestellt bleiben, ob die Beklagte ihre Restforderung richtig berechnet hat. (Wird ausgeführt.)

Die Forderung der Beklagten beruht jedoch auf unrichtiger Verrechnung. In den verschiedenen Unterlagen betreffend diesen Fonds ist immer wieder von quotaler Haftung die Rede. So heißt es im Prospekt: „Mit ihrem Privatvermögen haften die Gesellschafter nach der hier gewählten und von der Rechtsprechung anerkannten Konstruktion insoweit begrenzt, als sie von den Gläubigern der Gesellschaft nur quotal entsprechend ihrer kapitalmäßigen Beteiligung an der Grundstücksgesellschaft in Anspruch genommen werden können.“ In dem Gesellschaftsvertrag, der gleichfalls im Prospekt abgedruckt ist, heißt es in § 7 (2): „Mit ihrem sonstigen Vermögen haften die Gesellschafter den Gläubigern der Gesellschaft nur quotal ent-ZIP Heft 34/2009, Seite 1621sprechend ihrer kapitalmäßigen Beteiligung an der Gesellschaft“ und in § 18 (1): „Für den etwaigen Fall, dass das Gesellschaftsvermögen zur Berichtigung der Gesellschaftsschulden nicht ausreichen sollte, sind die Gesellschafter zu deren Ausgleich anteilig entsprechend ihrer Beteiligung an dem Gesellschaftsvermögen verpflichtet.“ In dem von der GbR und der Beklagten am 15./18.11.1999 abgeschlossenen Darlehensvertrag wird als Sicherheit aufgeführt: „Die persönliche Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung in das gesamte Vermögen der Gesellschafter des Darlehensnehmer ist von den einzelnen Gesellschaftern jeweils in Höhe ihres Anteils an dem Darlehensnehmer zu beurkunden.“ In den beiden Grundschuldbestellungsurkunden vom 26.7.1989 heißt es bereits: „Jeder Schuldner unterwirft sich wegen dieser Haftung der sofortigen Zwangsvollstreckung aus dieser Urkunde in sein gesamtes Vermögen, jedoch nur in Höhe eines seinem Haftungsanteil an der Gesellschaft entsprechenden Betrages.“

Diese quotale Haftung hat die Beklagte bei ihren Verrechnungen nicht berücksichtigt. Sie hat bei vielen Gesellschaftern eine Verrechnung mit Erlösanteilen aus der Zwangsversteigerung vorgenommen – nicht aber beim Kläger. Dies hätte die Beklagte aber tun müssen, womit sich ihre Forderung gegen den Kläger (nach einer unbeanstandeten Berechnung der Beklagten) auf 52.995,72 € reduziert und damit unter dem bereits titulierten Betrag von 84.938,60 € bleibt.

Geschlossene Immobilienfonds werden in einer Vielzahl von Fällen in der Rechtsform der GbR betrieben. Dies bringt für den einzelnen Kapitalanleger ein kaum einzuschätzendes, ihn im Regelfall völlig überforderndes Haftungsrisiko mit sich (vgl. BGHZ 150, 1 = ZIP 2002, 851 = NJW 2002, 1642, dazu EWiR 2002, 1079 (Kirberger)). Es ist deshalb aus wirtschaftlicher Sicht zwingend, diese Haftung auf ein wirtschaftlich vertretbares Maß zu beschränken (BGH ZIP 2006, 121 = WM 2006, 177, dazu EWiR 2006, 201 (Jungmann)). In Anbetracht dieses Risikos war und ist eine Beschränkung der Haftung des einzelnen Anlegers ein unverzichtbares Element für den Vertrieb dieser Anlagen (Barchewitz, MDR 2007, 1176). Jede andere Lösung wäre für den einzelnen Anleger unzumutbar und kann auch vernünftigerweise vom Rechtsverkehr nicht erwartet werden (BGHZ 150, 1 = ZIP 2002, 851 = NJW 2002, 1642). Es wurde deshalb regelmäßig eine Beschränkung der Haftung auf den dem Haftungsanteil des Gesellschafters an der Gesellschaft entsprechenden Betrag im Verkaufsprospekt versprochen und im Gesellschaftsvertrag statuiert. Eine solche Haftungsbeschränkung ist rechtlich möglich und Dritten gegenüber wirksam, wenn sie nach außen erkennbar ist (BGH ZIP 1990, 715). Bei Banken, die Publikumsgesellschaften kreditieren, kann man davon ausgehen, dass sie sich den Gesellschaftsvertrag vorlegen lassen und mit solchen Haftungsbeschränkungen rechnen (OLG Celle NdsRpfl 2007, 217). Einer Individualvereinbarung mit der Bank bedarf es deshalb nicht mehr (BGHZ 150, 1 = ZIP 2002, 851 = NJW 2002, 1642).

Hauptthema der Rechtsprechung zu Publikumsgesellschaften war in den letzten Jahren die Frage der Haftung des Anlegers für Altschulden. Nachdem in den letzten Jahren ein großer Teil der in den 90er Jahren aufgelegten geschlossenen Immobilienfonds in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten ist und die Kreditgeber teilweise gezwungen sind, ihre Sicherheiten zu verwerten, rückt die Frage in den Vordergrund, welchen genauen Umfang die quotale Haftung hat. Dabei geht es insbesondere um die Frage, wer das Insolvenzrisiko ausfallender Gesellschafter trägt (Lehleiter/Hoppe, BKR 2008, 323).

Nach der Berechnung der Beklagten tragen die nicht insolventen Mitgesellschafter dieses Risiko. Die Beklagte beruft sich in diesem Zusammenhang auf § 366 Abs. 2 BGB. Es kommt dabei nur eine analoge Anwendung dieser Vorschrift in Betracht, da sie nur eine Verrechnungsregelung für den Fall enthält, dass ein Schuldner einem Gläubiger durch eine Mehrheit von Schuldverhältnissen verbunden ist.

Eine analoge Anwendung der §§ 366 f. BGB hat der BGH in seinem Urteil vom 16.12.1996 (BGHZ 134, 224 = ZIP 1997, 682) befürwortet, wobei die Anrechnungsproblematik allerdings nicht so sehr nach dogmatischen Gesichtspunkten beurteilt werden könne, sondern von der Interessenlage des Einzelfalls abhängig gemacht werden müsse. Dabei ist zu beachten, dass dieses Urteil auf einer anderen dogmatischen Grundlage für die Gesellschafterhaftung in der GbR beruht. Seit der Entscheidung BGHZ 146, 341 = ZIP 2001, 330 (m. Bespr. Ulmer, S. 585), dazu EWiR 2001, 341 (Prütting), folgt der BGH nunmehr der Akzessorietätstheorie an Stelle der früher vertretenen Doppelverpflichtungstheorie. Auch lag dem Urteil vom 16.12.1996 eine besondere Sachverhaltskonstellation in der Form zugrunde, dass die quotale Haftung auch eine summenmäßige Haftungsbegrenzung auf den entsprechenden Anteil am Nominalwert des Darlehens enthielt, so dass die Möglichkeit bestand, dass durch hinzukommende Zinsen und Kosten „Darlehensspitzen“ entstehen, die nicht durch eine persönliche Haftung der Gesellschafter gedeckt sind. Im vorliegenden Fall gibt es jedoch keine Anhaltspunkte für eine solche in der Regel nicht vorliegende (Barchewitz, MDR 2007, 1176, Fußn. 5) summenmäßige Haftungsbegrenzung – die quotale Haftung ist vielmehr variabel und bezieht sich auch auf Zinsen und Kosten.

Der Umfang der Haftung ist in solchen Fällen durch Vertragsauslegung zu ermitteln (K. Schmidt, NJW 1997, 2201, 2206), zumal der Wortlaut der Darlehensverträge regelmäßig (und auch im vorliegenden Fall) keinen Hinweis darauf enthält, wer das Risiko der Zahlungsunfähigkeit einzelner Gesellschafter trägt. Diese erfordert allerdings keine Beweisaufnahme über die subjektiven Vorstellungen der Unterzeichner der Kreditverträge, da Verträge gem. §§ 133, 157 BGB nach dem objektivierten Empfängerhorizont auszulegen sind (vgl. Loddenkemper, ZfIR 2006, 707, 711 f.) und diesem Gesichtspunkt besondere Bedeutung zukommt, wenn die Haftungsbeschränkung eine Vielzahl von Personen betrifft, die sich zur Beteiligung an der Gesellschaft aufgrund eines weithin verbreiteten Verkaufsprospekts, der diese Haftungsbeschränkung herausstellt, entschlossen haben.

Für den Senat sind in diesem Zusammenhang folgende Gesichtspunkte entscheidend: Die Publikums-GbR ist eine atypische Personengesellschaft. Bei einer Publikums-GbR gibt es z.B. keine gemeinschaftliche Geschäftsführung. Es geht den Anlegern um eine Beteiligung an einem oder mehreren Investitionsvorhaben und nicht darum, als aktiver Gesellschafter nach dem Leitbild der §§ 705 ff. BGB die Geschicke einer Organisationseinheit maßgeblich zu bestimmen. Sie suchen sich ZIP Heft 34/2009, Seite 1622keine Gesellschafter als Partner aus, die sie für kompetent und kapitalkräftig halten, sondern überlassen die Auswahl der Mitgesellschafter den Gründungsgesellschaftern, die sich ihrerseits regelmäßig nach Vorlage von Selbstauskünften mit der oder den finanzierenden Banken abstimmen. Die finanzierende Bank hat einen weitaus größeren und besseren Überblick über das Investitionsvorhaben und über die Bonität der einzelnen Gesellschafter als diese selbst (Loddenkemper, ZfIR 2006, 707, 712). Dies muss aber zur Folge haben, dass bei einer Fondsgesellschaft die strengen Haftungsnormen der klassischen Personengesellschaften nicht unbesehen übernommen werden (vgl. Barchewitz, MDR 2007, 1176). Es ist vielmehr zu beachten, dass die finanzierenden Banken eine maßgebliche Rolle bereits bei der Initiation einnehmen. Es ist aber insbesondere auch die Erwartungshaltung der Anleger zu berücksichtigen. Wer sich an einem nicht nur auf Steuervorteile, sondern auch auf langfristigen Ertrag ausgerichteten Immobilienprojekt, zu dessen Durchführung Millionen benötigt werden, bei quotaler Haftung beteiligt, wird regelmäßig davon ausgehen, dass im Falle eines Scheiterns des Projektes mit der Folge der Zwangsversteigerung des Grundstücks er wenigstens insoweit gesichert ist, dass der Erlös ihm auch anteilig im Verhältnis zum Kreditgeber und Grundbuchgläubiger zu Gute kommt und seine Haftung so zumindest reduziert wird (Loddenkemper, ZfIR 2006, 707). Wenn diese naheliegende Erwartungshaltung im Einzelfall nicht den Vorstellungen der Initiatoren und der Bank entspricht, haben sie die Möglichkeit, bereits im Prospekt ihre Vorstellungen über eine angemessene Verrechnung von Zahlungseingängen im Fall der Illiquidität einzelner Gesellschafter darzustellen. Verzichten sie darauf, ist es angemessen, dass die Bank das Insolvenzrisiko zu tragen hat.

Gegen diese Auffassung wird vorgebracht, dass der Anleger ja auch damit rechnen müsse, im vollen Umfang seiner Quote in Anspruch genommen zu werden, sofern die Zwangsversteigerung erst danach durchgeführt wird. In der Tat darf der Umfang der Haftung auf Dauer gesehen nicht von der zeitlichen Reihenfolge der Inanspruchnahme abhängen. Dies ist aber kein taugliches Argument gegen die hier vertretene Auffassung. Sollte sich nach Eingang des Verwertungserlöses herausstellen, dass der Gesellschafter in einem Maße in Anspruch genommen worden ist, der seine Quote übersteigt, müsste ein nachträglicher „Lastenausgleich“ stattfinden (Barchewitz, MDR 2007, 1176, 1178), denn der Sinn der Tilgung entfällt nachträglich in dem Umfang, in welchem der Versteigerungserlös anteilig dem Gesellschafter zusteht (vgl. Loddenkemper, ZfIR 2006, 707, 717).

Im vorliegenden Fall kommt noch ein besonderer Gesichtspunkt hinzu: Die Beklagte hat durch eine Nachgabe im Recht mit einzelnen Gesellschaftern – nicht aber in entsprechendem Umfang mit der Gesellschaft selbst – eine Reduzierung ihrer Verbindlichkeiten vereinbart. Sie hat dadurch bezüglich eines Teils ihrer Forderung Sicherheiten verloren, macht dies zu Lasten des Klägers geltend und kommt damit bei wirtschaftlicher Betrachtung einem Vertrag zu Lasten Dritter bedenklich nahe. Dies ist aber mit Treu und Glauben, § 242 BGB, nicht vereinbar. Selbst wenn die Beklagte ein gewisses Eigeninteresse an den Vergleichen gehabt haben sollte, entbindet dieses sie von der Pflicht zur Rücksichtnahme auf die anderen Haftenden nicht. Gesetzesvorschriften wie § 366 Abs. 2 BGB beinhalten bereits eine weitgehende Rücksichtnahme auf das Sicherungs- und Vollstreckungsinteresse eines Gläubigers. Dies darf aber nicht so weit gehen, dass dem Gläubiger im Falle des Vorhandenseins mehrer Schuldner im Ergebnis eine Verschiebung eines Teils seiner Forderung vom einen auf einen anderen Schuldner möglich ist.

Einer Entscheidung über den Hilfsantrag zu 3. bedarf es nicht, weil dessen Prozessvoraussetzung nicht eingetreten ist.

IV. Die Entscheidung über die Zulassung der Revision ergibt sich aus § 543 Abs. 2 ZPO. Nur bezüglich der Widerklage erscheint zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erforderlich. Ein beschränkte Zulassung der Revision ist im vorliegenden Fall auch möglich, weil die Widerklage einen abgrenzbaren Teil des Streitgegenstands betrifft (Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 67. Aufl., 2009, § 543 Rz. 10).

<einsender></einsender>Mitgeteilt von RA Dr. Florian Loddenkemper, Berlin</einsender><//einsender><hinweis></hinweis>

Anmerkung der Redaktion:

Die Revision ist anhängig beim BGH unter dem Az. XI ZR 63/09.

</hinweis><//hinweis>

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