OLG Hamburg: PKH für Insolvenzverwalter auch bei Erhebung einer Teilklage

01.09.2009

ZPO §§ 116, 123

PKH für Insolvenzverwalter auch bei Erhebung einer Teilklage

OLG Hamburg, Beschl. v. 9. 4. 2009 – 11 W 108/07

Leitsatz des Einsenders:

Die Erhebung einer Teilklage durch den Insolvenzverwalter kann nicht per se als unlauter angesehen werden, nämlich als erhoben mit der Absicht, die Voraussetzungen des § 116 ZPO zu umgehen. Dem Insolvenzverwalter muss die Erhebung einer Teilklage eröffnet sein, da wegen der in § 123 ZPO enthaltenen Regelung als Folge der Prozessführung die Masse mit einem Kostenrisiko belastet wird und Vollstreckungschancen bereits im Vorfeld des Prozesses zu berücksichtigen sind.

Gründe:

Die von dem Antragsteller und Insolvenzverwalter eingelegte sofortige Beschwerde ist zulässig. Die Beschwerde ist auch begründet, da es den Insolvenzgläubigern nicht zuzumuten ist, die Verfahrenskosten aufzubringen. Die Voraussetzungen des § 116 Satz 1 Nr. 1 ZPO liegen vor.

Nach § 116 Satz 1 Nr. 1 ZPO ist einem Insolvenzverwalter Prozesskostenhilfe zu bewilligen, wenn die Kosten aus der verwalteten Masse nicht aufgebracht werden können und den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten nicht zuzumuten ist, diese Kosten aufzubringen. Diese Voraussetzungen hat der Antragsteller dargelegt. Ausgehend von einem Kontoguthaben i.H. v. 1.131,56 € und Verfahrenskosten für das Gericht und den Insolvenzverwalter i.H. v. 18.000 € ist bereits ersichtlich, dass die Masse nicht in der Lage ist, die Prozesskosten aufzubringen.

Um die Frage der Zumutbarkeit der Kostenaufbringung durch die Beteiligten zu beantworten, ist festzustellen, wie hoch die Insolvenzmasse ist und um welchen Betrag sie sich vermehren würde, wobei Vollstreckungschancen zu berücksichtigen sind (Zöller/Philippi, ZPO, 27. Aufl., 2009, § 116 Rz. 7a).

Den Gläubigern ist es bei Erhebung einer Teilklage über einen Betrag i.H. v. 25.000 € nicht zuzumuten, einen Prozesskostenvorschuss zu leisten. Vorschüsse auf die Prozesskosten sind nur solchen Beteiligten zuzumuten, die die erforderlichen Mittel unschwer aufbringen können und für die der zu erwartende Nutzen bei vernünftiger Betrachtungsweise bei einem Erfolg der Rechtsverteidigung voraussichtlich deutlich größer sein wird (BGH ZIP 2006, 682 = NJW-RR 2006, 1064, dazu EWiR 2006, 415 (Beutler/Voss)). Ausgehend von Insolvenzforderungen i.H. v. ca. 152.000 € und den dargelegten Kosten ergäbe sich bei einem Obsiegen im vorliegenden Verfahren eine Insolvenzquote von 5 %. Bei dieser Berechnung sind, anders als der Antragsgegner es darstellt, sämtliche Gläubiger zu berücksichtigen, auch wenn nicht alle zur Vorschussleistung verpflichtet sind oder Forderungen bestritten wurden (Zöller/Philippi, a.a.O., § 116 Rz. 7b).

Den OLG Celle (ZInsO 2008, 213) und OLG Hamm (ZIP 2003, 42, dazu EWiR 2003, 139 (Pape)) ist darin zu folgen, dass die Erhebung einer Teilklage durch den Insolvenzverwalter nicht per se als unlauter angesehen werden kann, nämlich erhoben mit der Absicht, die Voraussetzungen des § 116 ZPO zu umgehen, Vielmehr muss dem Insolvenzverwalter schon mit Rücksicht darauf, dass er wegen der in § 123 ZPO enthaltenen Regelung als Folge der Prozessführung die Masse mit einem nicht unerheblichen Kostenrisiko belastet, die Erhebung einer Teilklage eröffnet werden. Zur weiteren Begründung nimmt das Gericht auf die überzeugenden Ausführungen des OLG Celle in der angeführten Entscheidung Bezug.

Hinzu kommt des Weiteren, dass im Rahmen der Ermittlung der Kostenvorschusspflicht und der damit verbundenen Feststellung, inwieweit die Insolvenzmasse sich erhöht, Vollstreckungschancen zu berücksichtigen sind. Das Vorziehen dieser Erwägung, der Berücksichtigung der Vollstreckungschancen, bereits im Vorfeld des Prozesses, nämlich bei Abwägung zwischen Teilklage und Einklagen der gesamten Forderung, muss mithin zulässig sein.

Darüber hinaus hat der Antragsteller in der Beschwerdebegründung auch vernünftige Gründe dargelegt, die für die Erhebung einer Teilklage sprechen. Der Antragsgegner hat im Rahmen der außergerichtlich geführten Gespräche angekündigt, innerhalb von vier Wochen die Verbindlichkeiten gegenüber der Schuldnerin zu begleichen. Eine solche Zahlung ist nicht erfolgt. Angesichts der Angabe des Antragsgegners, durch die Insolvenz der Schuldnerin auch mit anderen Unternehmensbeteiligungen in wirtschaftliche Schwierigkeiten gera-ZIP Heft 34/2009, Seite 1637ten zu sein, ist die Befürchtung des Antragstellers, nicht sicher davon ausgehen zu können, dass der Antragsgegner im Falle einer Verurteilung auch ausreichend leistungsfähig sei, nicht von der Hand zu weisen. Auch dass der Antragsgegner möglicherweise Eigentümer einer Immobilie ist, führt zu keinem anderen Ergebnis, da deren Werthaltigkeit nicht bekannt ist. Der Antragsgegner ist diesen von dem Antragsteller geäußerten Bedenken im Übrigen nicht entgegengetreten.

<einsender></einsender>Mitgeteilt von Rechtsanwalt Andreas Grützmann, Dr.Weilandund Partner, Hamburg</einsender><//einsender>

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