OLG München: Keine Anmeldung des Gesellschafterwechsels infolge Todes eines Kommanditisten durch Abwicklungs-Testamentsvollstrecker anstelle der Erben-Kommanditisten

05.11.2009

HGB §§ 161, 108; BGB §§ 2205, 2209

Keine Anmeldung des Gesellschafterwechsels infolge Todes eines Kommanditisten durch Abwicklungs-Testamentsvollstrecker anstelle der Erben-Kommanditisten

OLG München, Beschl. v. 7. 7. 2009 – 31 Wx 115/08 (rechtskräftig; LG München I)

Leitsatz des Gerichts:

Ein Testamentsvollstrecker, dem die Abwicklung des Nachlasses und die Auseinandersetzung unter mehreren Erben obliegt (sog. Abwicklungsvollstreckung im Unterschied zur Dauer- oder Verwaltungsvollstreckung), ist nicht befugt, den durch den Tod eines Kommanditisten eingetretenen Gesellschafterwechsel anstelle des oder der Erben, die im Wege der Sondererbfolge Kommanditisten geworden sind, zum Handelsregister anzumelden.

Gründe:

I. Nach dem Tod eines Kommanditisten der beteiligten Gesellschaft sind vier Erben im Wege der Sonderrechtsnachfolge in die Gesellschaft eingetreten. Testamentsvollstreckung ist angeordnet. Die verbliebenen Altgesellschafter und der Testamentsvollstrecker meldeten das Ausscheiden des verstorbenen Gesellschafters und den Eintritt der Erben als Kommanditisten in die Gesellschaft zur Eintragung in das Handelsregister an.

Das Registergericht beanstandete mit Zwischenverfügung gegenüber dem Notar, dass an der Anmeldung nicht die Erbenkommanditisten (Neugesellschafter), sondern an deren Stelle der Testamentsvollstrecker mitgewirkt habe. Anmeldebefugt sei nicht der Testamentsvollstrecker, sondern – neben den Altgesellschaftern – die im Wege der Sonderrechtsnachfolge in die Gesellschaft eingetretenen Erben selbst. Etwas anderes gelte nur, wenn es sich um eine Dauer- bzw. Verwaltungstestamentsvollstreckung handeln würde. Das sei hier nicht der Fall; denn das vorgelegte Testamentsvollstreckerzeugnis enthalte keinen entsprechenden Zusatz. Die gegen diese Zwischenverfügung eingelegte Beschwerde wies das LG zurück. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde.

II. Die weitere Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Allerdings ist die Entscheidung des LG insoweit abzuändern, als das LG fälschlich gemeint hat, die vom Notar eingelegte Beschwerde sei namens der Neugesellschafter eingelegt gewesen. Wird eine vom Notar beim Registergericht eingereichte Anmeldung beanstandet oder zurückgewiesen, und legt der Notar hiergegen Beschwerde ein, ohne den oder die Beschwerdeführer ausdrücklich zu benennen, so liegt die Auslegung nahe, dass die vom Notar eingelegte Beschwerde im Namen der anmeldepflichtigen Personen oder jedenfalls derje-ZIP Heft 43/2009, Seite 2060nigen Personen eingelegt sein soll, deren Erklärung der Notar beurkundet oder beglaubigt hat (vgl. auch § 129 FGG). Das sind hier die Altgesellschafter und der Testamentsvollstrecker, der nach Auffassung des Notars die Anmeldung anstelle der Neugesellschafter vornehmen kann, während die Neugesellschafter – von diesem Standpunkt aus schlüssig – insoweit nichts erklärt und nichts angemeldet haben. Nach der Rechtsprechung können mehrere anmeldepflichtige Gesellschafter (§§ 161, 108 HGB) hinsichtlich der ihnen obliegenden Anmeldung auch ihr Beschwerderecht nur gemeinsam ausüben (BayObLG MDR 1982, 1030 m.w.N.; BayObLG Rpfleger 1977, 321; Jansen/Briesemeister, FGG, 3. Aufl., § 20 Rz. 72; Krafka/Willer, Registerrecht, 7. Aufl., Rz. 2455). Im Zweifel ist deshalb so auszulegen, dass die Beschwerde im Namen derjenigen mehreren Personen eingelegt sein soll, die nur gemeinsam ein zulässiges Rechtsmittel einlegen können, wobei freilich die erkennbare Sichtweise des Notars zu beachten ist: Da dieser der Auffassung ist, dass die Anmeldungen der Altgesellschafter und des Testamentsvollstreckers für die Eintragung im Handelsregister ausreichen, kann die Beschwerde unschwer dahin ausgelegt werden, dass sie im Namen der Altgesellschafter und des Testamentsvollstreckers eingelegt sein soll, wie der Notar zwischenzeitlich auch ausdrücklich bestätigt hat. Die Erstbeschwerde und weitere Beschwerde dieser Personen ist zulässig; denn ob der Testamentsvollstrecker insoweit anstelle der Neugesellschafter handeln konnte, wird als sog. doppelrelevante Tatsache erst im Rahmen der Begründetheit geprüft.

2. In der Sache hält die Entscheidung des LG rechtlicher Überprüfung stand (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO). Der bloße Abwicklungs-Testamentsvollstrecker, wie hier, ist nicht befugt, den durch den Tod eines Kommanditisten eingetretenen Gesellschafterwechsel anstelle des oder der Erben, die im Wege der Sondererbfolge Kommanditisten geworden sind, zum Handelsregister anzumelden.

a) Die Befugnis des Testamentsvollstreckers zur Anmeldung des durch den Tod eines Kommanditisten eingetretenen Gesellschafterwechsels zum Handelsregister hängt nach der Rechtsprechung davon ab, welche Befugnisse dem Testamentsvollstrecker übertragen sind, d.h. wie weit seine Verwaltungsbefugnis reicht. Insoweit wird zwischen der sog. Abwicklungsvollstreckung einerseits und der Dauervollstreckung oder Verwaltungsvollstreckung (§ 2209 BGB) andererseits unterschieden. Ist für den betreffenden Kommanditanteil Dauertestamentsvollstreckung angeordnet, so ist der Testamentsvollstrecker zur Anmeldung berechtigt und verpflichtet (vgl. BGHZ 108, 187 = ZIP 1989, 1186 (m. Bespr. Mayer, ZIP 1990, 976), dazu EWiR 1989, 991 (Rowedder)). Wenn hingegen nur eine Abwicklungsvollstreckung vorliegt, ist der Testamentsvollstrecker grundsätzlich nicht befugt, anstelle des oder der Erben-Gesellschafter den Übergang des Kommanditanteils auf sie zum Handelsregister anzumelden (KG OLGZ 1991, 261 = NJW-RR 1991, 835). Dieser Rechtsprechung, die das LG seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, schließt sich der Senat an. Im Falle der Abwicklungsvollstreckung ist der Testamentsvollstrecker nämlich nur damit betraut, den Nachlass abzuwickeln und die Auseinandersetzung unter mehreren Erben zu bewirken. Der Übergang des Kommanditanteils auf die Erben vollzieht sich jedoch im Wege der Sonderrechtsnachfolge ohne Mitwirkung des Testamentsvollstreckers. Es entfällt deshalb die Befugnis des Testamentsvollstreckers, die Beteiligung an der Gesellschaft als Teil des Nachlasses unter den Miterben auseinanderzusetzen und bis dahin zu verwalten (vgl. Soergel/Damrau, BGB, 13. Aufl., § 2205 Rz. 29). Für eine Verwaltung des Kommanditanteils durch den Testamentsvollstrecker (§ 2205 BGB) ist somit kein Raum; das unterscheidet diesen Fall von der angeordneten Dauer- oder Verwaltungsvollstreckung. Etwas anderes gilt allerdings für die aus der Kommanditbeteiligung abzuleitenden übertragbaren Vermögensrechte, die nach der Rechtsprechung nicht aus dem gesamthänderisch gebundenen übrigen Nachlass ausgegliedert werden (BGHZ 108, 187, 192 = ZIP 1989, 1186; KG OLGZ 1991, 261, 265). Das betrifft aber nicht die hier inmitten stehende Frage der Anmeldung zum Handelsregister; denn insoweit geht es um die gesellschaftsrechtliche Beteiligung bzw. die Gesellschafterstellung als solche, wie bereits das KG überzeugend ausgeführt hat (KG OLGZ 1991, 261, 265).

Die gegen diese Rechtsprechung vorgebrachten Einwendungen der weiteren Beschwerde greifen nicht durch. Dass der Abwicklungsvollstrecker unter Umständen Zugriff auf die Gesellschaftsanteile als Nachlasssubstanz nehmen kann, um Nachlassverbindlichkeiten berichtigen zu können, betrifft die vermögensrechtliche Komponente und ändert nichts an seiner fehlenden Verwaltungsbefugnis im Übrigen. Auch der Umstand, dass es nur um die Kundgabe einer sich von selbst vollziehenden Abwicklung geht, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Es ist den Erben-Kommanditisten im Übrigen ohne weiteres zumutbar, die Anmeldung selbst vorzunehmen.

b) Dem LG ist auch darin beizupflichten, dass das Registergericht ohne weitere Nachforschungen davon ausgehen konnte, dass der weitere Beteiligte zu 1) bloßer Abwicklungsvollstrecker ist. Insoweit reicht, wie ebenfalls bereits das KG überzeugend ausgeführt hat (KG OLGZ 1991, 261, 266 f.), das vorgelegte Testamentsvollstreckerzeugnis. Eine Verwaltungs- oder Dauervollstreckung wäre im Zeugnis anzugeben. Enthält ein Zeugnis, wie hier, keine Angaben, so kommt damit zum Ausdruck, dass dem Testamentsvollstrecker die Befugnisse des gesetzlichen Regeltyps eines Abwicklungsvollstreckers zustehen. Das wird von der weiteren Beschwerde auch nicht mehr angegriffen.

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