Muster 235:  Checkliste zum Registerverfahren des „Herausformwechsels“ einer Kapitalgesellschaft in einen anderen EU-Mitgliedstaat

Ablaufereignis

Inhalt/Voraussetzungen/Norm(en)

Formwechselplan

Durch Leitungs- oder Verwaltungsorgan zu erstellen, muss Angaben zu Rechtsform, Firma, Satzungssitz im Wegzug- und Zuzugsstaat enthalten sowie das neue „Statut“ (Satzung), äquivalent zum „Errichtungsakt“ (vgl. §§ 33, 192 Abs. 3, 339, 340 UmwG), einen „indikativer Zeitplan“, besondere Rechte/
Vorteile für Gesellschafter und/oder Verwaltungs-/Leitungsorganmitglieder, Gläubigersicherheiten, gewährte Beihilfen der letzten fünf Jahre, Barabfindungen für Gesellschafter/
innen, die erfolgenden Auswirkungen auf bestehende Arbeitsverhältnisse und die Durchführung des gesetzlich vorgeschriebenen Verfahrens zur Arbeitnehmerbeteiligung, insbesondere das Verfahren zur Festlegung der Mitbestimmung der Arbeitnehmer/innen in der neuen Rechtsform der Gesellschaft (§ 335 Abs. 1, 2 UmwG mit dem dortigen „Inhaltskatalog“)

Die bisherigen Anteilsinhaber sind an neuer Rechtsform beteiligt. Der Formwechselplan bedarf der notariellen Beurkundung (§ 335 Abs. 3 UmwG)

Planbekanntmachung

Bericht des Verwaltungs-/Leitungsorgans, wenn nicht verzichtbar; spätestens 6 Wochen vor dem Tag der Gesellschafterversammlung nach §§ 339, 333 Abs. 2, 193 Abs. 1 UmwG an Gesellschafter/innen und Arbeitnehmer/innen in elektronischer Form; Plan und Angebot an Gesellschafter(innen)/
Gläubiger(innen)/Arbeitnehmer(vertreter/innen), bis max. fünf Arbeitstage vor dem Gesellschafterversammlungsbeschluss Bemerkungen zum Plan zu übermitteln; Bekanntmachung des Formwechselplans spätestens einen Monat vor der Beschlussfassung auf Antrag der Gesellschaft durch das Registergericht mit öffentlicher Bekanntmachung über europäische Registervernetzung (BRIS); Beschluss darf vorher nicht gefasst werden (§§ 336, 337, 339, 308, 310 UmwG, § 10 HGB)

Formwechselbericht

Bericht des Leitungs-/Verwaltungsorgans für Gesellschafter/innen und Arbeitnehmer/innen betreffend die Auswirkungen auf die künftige Geschäftstätigkeit und die vorhandenen Tochtergesellschaften; separater Abschnitt für Gesellschafter/innen: Auswirkungen auf Gesellschafter, Barabfindung; separater Abschnitt für Arbeitnehmer/innen: Auswirkungen auf Beschäftigungsverhältnisse (auch bei Tochtergesellschaften und Niederlassungen), angehören; getrennte Berichte für beide Gruppen möglich;


Bericht für Anteilsinhaber entfällt, wenn nur ein Anteilsinhaber vorhanden oder alle Anteilsinhaber in notariell beurkundeter Form verzichten;

Bericht für Arbeitnehmer/innen entfällt, wenn nur Arbeitnehmer/innen vorhanden sind, die dem Vertretungsorgan angehören; (§§ 337, 309, 310, 192 Abs. 2 UmwG)

Sachverständigenprüfung

Bericht der Prüfung muss einen Monat vor der Beschlussfassung vorliegen, es sei denn, es handelt sich um eine Einpersonengesellschaft oder es liegt ein notariell beurkundeter Verzicht aller Gesellschafter/innen vor (§§ 338, 12, 8, 9 UmwG)

Formwechselbeschuss

Zustimmungsbeschluss der Versammlung, Abfindungsgebot an überstimmte Gesellschafter/innen, Erfordernis notarieller Beurkundung (§§ 339, 340, 333, 193 Abs. 1, 65 UmwG), Vertretungsorgane neuer Rechtsform sind zu bestimmen

Einhaltung der Sachgründungsvorschriften

Sofern dies nach den Gründungsvorschriften für die jeweilige Rechtsform vorgesehen ist (für inländisches Umwandlungsrecht vgl. §§ 333, 245 UmwG)

Beteiligung der Arbeitnehmer/innen

Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer/innen mit Stellungnahmemöglichkeit zum Bericht gegenüber den Gesellschaftern/innen (spätestens eine Woche vor der zustimmenden Versammlung) Arbeitnehmermitbestimmung (Schutz des status quo) sowie AN-Mitbestimmungsverfahren; Versicherung zur Beachtung der Arbeitnehmerrechte (§§ 337, 310, 336, 308, 342 Abs. 3 Nr. 2 UmwG)

Gläubigersicherheit

Sicherheitsleistung: 3 Monate nach Bekanntmachung des Plans, auf Antrag von Gläubigern bei dem Prozessgericht am Sitz des zuständigen Registergerichts geltend zu machen; Freigabe bei Scheitern des grenzüberschreitenden Formwechsels; Gerichtsstand: §§ 341 Abs. 1, 314 Abs. 5 UmwG (Gericht, in dessen Bezirk sich zuständiges RegGericht befindet); davon unabhängig: Gerichtsstandperpetuierung 2 Jahre (§§ 342 Abs. 3 Nr. 4 UmwG, §§ 17, 19 InsO)

Handelsregisteranmeldung

Mit den erforderlichen Anlagen (Formwechselplan, evtl. Anmeldung nach §§ 336, 308 UmwG), Bericht, ggf. Stellungnahmen nach §§ 337 Abs. 1, 310 Abs. 3 UmwG, Versicherung zu Angebot einer Sicherheitsleistung (§§ 342 Abs. 3 Nr. 1, 341 Abs. 1, 314 Abs. 3 UmwG), Versicherung zur Beachtung der Arbeitnehmerrechte bzgl. Formwechselplan und Bericht (§§ 342 Abs. 2, 336, 308 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 b UmwG und §§ 337 Abs. 1, 310 Abs. 1 und 3 UmwG) sowie d. Mitbestimmungsverfahren, besondere Angaben zu den Arbeitsverhältnissen, § 342 Abs. 4 UmwG; “Negativerklärung” nach § 16 Abs. 2 UmwG und evtl. umwandlungsrechtliches Freigabeverfahren gem. § 16 Abs. 3 UmwG (§ 342 UmwG)

Formwechselbescheinigung

Nach erfolgter Prüfung von Formwechselplan, Berichten, Offenlegung, Zustimmungsbeschluss, Barabfindung, Einhaltung der Vorschriften zum Gläubigerschutz, Abgabe der Erklärung zu evtl. Insolvenzsituationen, Beachtung der Vorschriften zur Mitbestimmung der Arbeitnehmer/innen und Erfüllung aller übrigen Voraussetzungen im Wegzugstaat, Verneinung eines Missbrauchstatbestandes gem. § 343 Abs. 3 UmwG (nach erfolgter Prüfung durch das Registergericht); Prüfungsdauer max. drei Monate, bei erweiterter Missbrauchsprüfung nach § 343 Abs. 3 UmwG ist eine Verlängerung um max. drei weitere Monate, ggf. Verzögerungsmitteilung nach § 343 Abs. 4 UmwG bei Unmöglichkeit eines fristgerechten Verfahrensabschlusses § 345 Abs. 2 UmwG wegen der Komplexität der Sache; Übermittlung der „Formwechselbescheinigung“ von Registergericht/Behörde des Wegzugsstaates zur Behörde/Gericht des Zuzugsstaates (§ 345 Abs. 2 UmwG)

Wirksamkeit der grenzüberschreitenden formwechselnden Sitzverlegung

mit konstitutiver Eintragung der neuen Rechtsform, nicht vor Vorliegen der Formwechselbescheinigung des Wegzugstaates; es besteht „Rechtsträgeridentität“ (lediglich Wechsel von Sitz und Rechtsform), es erfolgt eine abschließende Eintragung im Wegzugsstaat mit Wirksamkeitsvermerk (§ 343 Abs. 5 UmwG); die Bekanntmachung erfolgt im Inland gemäß §§ 333, 201 UmwG, 10 HGB

Handelsregisteranmeldung bei „Hineinverlegungen“

Anmeldung in öffentlich beglaubigter Form (§ 12 HGB) elektronisch, Anlagen: Formwechselplan, Arbeitnehmer-Vereinbarung; Anmeldung durch das Vertretungsorgan der formwechselnden Gesellschaft; es ist keine Negativerklärung nach § 16 Abs. 2 UmwG erforderlich (§§ 345 Abs. 1 S. 3, 198 Abs. 3 UmwG), die „Vorabbescheinigung“ des Wegzugsstaates muss vorgelegt werden (§ 345 Abs. 2 S. 2 UmwG)

Prüfungsumfang bei „Hineinverlegung“ im Inland

Formwechselbescheinigung, Gründungsvorschriften als Zuzugsstaat, Mindesterfordernisse der neuen Satzung, Bestellung der Organe Beachtung der Mitbestimmung der Arbeitnehmer/innen (§ 345 Abs. 1 UmwG)

Wirksamkeit bei „Hineinverlegung“

Wirksamwerden mit konstitutiver Eintragung der neuen Rechtsform, nicht jedoch vor dem Vorliegen der Formwechselbescheinigung des Wegzugstaates; es besteht Rechtsträgeridentität

Bekanntmachung bei „Hineinverlegung“

Nach inländischen Vorschriften, anschließend Übermittlung an Registergericht/Behörde des Wegzugsstaates über das BRIS-System (§ 10 HGB, § 345 Abs. 4 UmwG)