BGH, Beschluss vom 16. November 2020 - NotZ(Brfg) 4/20

25.01.2021

BUNDESGERICHTSHOF

vom

16. November 2020

in dem Rechtsstreit


Nachschlagewerk: ja


BGHZ: nein

BGHR: ja


ZPO § 580 Nr. 8


Zum Vorliegen eines Restitutionsgrundes gemäß § 580 Nr. 8 ZPO.


BGH, Beschluss vom 16. November 2020 - NotZ(Brfg) 4/20 - OLG Celle


wegen endgültiger Amtsenthebung, hier: Restitutionsklage

Der Senat für Notarsachen des Bundesgerichtshofes hat am 16. November 2020 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Herrmann, die Richterinnen Müller und Dr. Böttcher, die Notarin Dr. Brose-Preuß und den Notar Dr. Hahn

beschlossen:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Der Streitwert wird auf 50.000 € festgesetzt.

Gründe:

[1] I. Der Kläger wurde mit Bescheid des Beklagten vom 12. Februar 2013 endgültig seines Amtes als Notar enthoben. Seine hiergegen gerichtete Anfechtungsklage hat das Oberlandesgericht Celle mit Urteil vom 25. März 2014 abgewiesen. Den Antrag auf Zulassung der Berufung hat der Senat mit Beschluss vom 24. November 2014 (NotZ(Brfg) 6/14) zurückgewiesen. Nach erfolgloser Verfassungsbeschwerde hat der Kläger Klage vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) erhoben, mit der er gemäß Art. 6 Satz 1 EMRK geltend gemacht hat, dass das Oberlandesgericht in dem Anfechtungsklageverfahren kein unabhängiges und unparteiisches Gericht gewesen sei. Mit Urteil vom 30. Januar 2020 (Az. 29295/16) hat der EGMR festgestellt, dass kein Verstoß gegen Art. 6 Satz 1 EMRK vorliegt.

[2] Daraufhin hat der Kläger Restitutionsklage erhoben, mit der er die Aufhebung des Senatsbeschlusses vom 24. November 2014 (NotZ(Brfg) 6/14) und der Entscheidung des Oberlandesgerichts vom 25. März 2014 über die Nichtzulassung der Berufung beantragt. Er ist der Auffassung, dass die Ausführungen des Senats im Beschluss vom 24. November 2014 in Widerspruch zur Begründung des Urteils des EGMR vom 30. Januar 2020 (insbesondere Rn. 79 und 71) stehen.

[3] Der Beklagte hat beantragt, die Restitutionsklage als unzulässig zu verwerfen.

[4] Der Senat hat die Beteiligten mit Schreiben vom 16. April 2020 darauf hingewiesen, dass er beabsichtige, die Restitutionsklage durch Beschluss entsprechend § 130a VwGO iVm § 111b Abs. 1 Satz 1 BNotO abzuweisen, weil er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich erachte. Die Parteien haben hierzu Stellung genommen.

[5] II. Der Senat entscheidet über die Restitutionsklage nach entsprechender Anhörung der Beteiligten durch Beschluss, da er sie, auch unter Berücksichtigung der Stellungnahme des Klägers, einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält (§ 130a VwGO analog i.V.m. § 111b Abs. 1 Satz 1 BNotO, vgl. Beschluss des BVerwG vom 12. Juni 2018

- 9 B 4/18, NVwZ-RR 2018, 787).

[6] Der Restitutionsgrund des § 580 Nr. 8 ZPO (i.V.m. § 153 Abs. 1 VwGO, § 111b Abs. 1 Satz 1 BNotO) liegt nicht vor. Dieser ist gegeben, wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eine Verletzung der EMRK festgestellt hat und die angefochtene Entscheidung auf dieser Verletzung beruht.

[7] In seinem Urteil vom 30. Januar 2020, Az. 29295/16, ist der EGMR aufgrund bestimmter Umstände, die in Rn. 62 ff. der Entscheidung genannt sind, in Rn. 79 zu dem Zwischenergebnis gekommen, dass die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit des Notarsenats (des Oberlandesgerichts) "in Frage gestellt werden kann". Gleichwohl hat der EGMR weiter festgestellt, dass kein Verstoß gegen Art. 6 Satz 1 der Konvention vorliegt, "da das gerichtliche Überprüfungsverfahren vor dem Bundesgerichtshof ‚eine ausreichende Überprüfung' bot, um sicherzustellen, dass die Anforderungen des Artikels 6 hinsichtlich der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit des [Oberlandes-]Gerichts erfüllt sind" (Rn. 88). Allein der Umstand, dass der Senat in dem Verfahren NotZ(Brfg) 6/14 Rechtsfragen anders beurteilt hat als später der EGMR, erfüllt die Voraussetzungen des Restitutionsgrundes des § 580 Nr. 8 ZPO nicht.

Herrmann Müller Böttcher

Brose-Preuß Hahn

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