II ZR 12/09

28.09.2009

BUNDESGERICHTSHOF

vom

28. September 2009

in dem Rechtsstreit


Nachschlagewerk: ja


BGHZ: nein

BGHR: ja


BetrAVG § 3 idF des AltEinkG v. 5.7.2004, gültig ab 1.1.2005


Das Abfindungsverbot des § 3 BetrAVG ist nicht berührt, wenn der Versorgungsberechtigte das ihm in der Pensionszusage eingeräumte Recht, anstelle der nach dem Eintritt des Versorgungsfalls zu zahlenden monatlichen Altersrente eine einmalige Kapitalzahlung zu verlangen, nach Beendigung des Dienstverhältnisses, aber noch vor Eintritt des Versorgungsfalles ausübt.


BGH, Beschluss vom 28. September 2009 - II ZR 12/09 - OLG Stuttgart, LG Ulm


Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 28. September 2009 durch die Richter Kraemer, Caliebe, Dr. Reichart, Dr. Drescher und Dr. Löffler

einstimmig beschlossen:

1. Die Parteien werden darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, die Revision der Beklagten durch Beschluss gemäß § 552 a ZPO zurückzuweisen.

2. Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 687.925,63 € festgesetzt.

Gründe:

[1] Das Berufungsgericht hat die Revision zu Unrecht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht vorliegen. Die Revision der Beklagten hat auch keine Aussicht auf Erfolg.

[2] 1. Zulassungsgründe liegen nicht vor.

[3] a) Klärungsbedürftige Grundsatzfragen stellen sich nicht. Die Beantwortung der vom Berufungsgericht möglicherweise für zulassungsrelevant erachteten Frage, ob das Abfindungsverbot des § 3 BetrAVG in der ab 1. Januar 2005 geltenden Fassung dem Anspruch des Versorgungsberechtigten auf Kapitalzahlung entgegensteht, wenn er ein ihm in der Pensionszusage, somit während des Bestehens des Anstellungsverhältnisses eingeräumtes Recht, anstelle einer versprochenen Rente eine Kapitalleistung zu verlangen (Kapitaloptionsrecht), nach Beendigung des Anstellungsverhältnisses, aber noch vor Eintritt des Versorgungsfalls ausübt, ist - wie das Berufungsgericht selbst gesehen hat - nicht klärungsbedürftig. Die vom Berufungsgericht angeführte instanzgerichtliche Rechtsprechung (LAG Niedersachsen - 11 Sa 1580/07, juris Tz. 28 f.; ArbG Solingen - 5 Ca 2051/07, juris Tz. 39 f.; vgl. auch LAG Hessen, NZA-RR 1999, 497 zu § 3 BetrAVG a.F.) geht ebenso wie die ganz h.M. in der Literatur (Schipp in Henssler/Willemsen/Kalb, Arbeitsrecht 3. Aufl. § 3 BetrAVG Rdn. 4; ErfurterKomm/Steinmeyer 9. Aufl. § 3 BetrAVG Rdn. 4; Höfer, BetrAVG § 3 Rdn. 3571; Blomeyer/Rolfs/Otto, Betriebsrentengesetz 4. Aufl. § 3 Rdn. 35; Langohr-Plato, Betriebliche Altersversorgung 4. Aufl. Rdn. 465; Kisters-Kölkes in Kemper/Kisters-Kölkes/Berenz/Bode/Pühler, BetrAVG 2. Aufl. § 3 Rdn. 29; Förster/Rühmann/Cisch, Betriebsrentengesetz 11. Aufl. § 3 Rdn. 12; Förster/Cisch, BB 2004, 2126, 2132; Langohr-Plato/Teslau, NZA 2004, 1297, 1300; nicht eindeutig Matthießen, AuR 2005, 81, 85; ebenso Schnitker/Grau, NJW 2005, 10, 14) davon aus, dass das Abfindungsverbot des § 3 BetrAVG in einem solchen Fall nicht eingreift.

[4] b) Auch sonstige Zulassungsgründe sind nicht ersichtlich. Insbesondere weicht das Berufungsgericht, das mit seiner Beurteilung der instanzgerichtlichen Rechtsprechung und der h.M. in der Literatur gefolgt ist, nicht von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. nur Urt. v. 14. Juni 2005 - 3 AZR 185/04, AP Nr. 14 zu § 3 BetrAVG; v. 14. August 1990 - 3 AZR 301/89, BAGE 65, 341, 344 f.) ab, das die Abfindung gesetzlich unverfallbarer Rentenanwartschaften im Zusammenhang mit der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses grundsätzlich als gegen § 3 BetrAVG verstoßend und deshalb gemäß § 134 BGB für nichtig erachtet. Es handelt sich hier nicht um eine Abfindung im Sinn von § 3 BetrAVG. Die Abfindung einer Anwartschaft im Sinne dieser Vorschrift setzt einen Vertrag voraus, durch den der Versorgungsberechtigte auf seine Anwartschaft verzichtet und durch den sich der Dienstherr verpflichtet, hierfür eine Entschädigung zu zahlen (BGH, Urt. v. 15. Juli 2002 - II ZR 192/00, ZIP 2002, 1701, 1702). Die Ausübung eines - wie das Berufungsgericht in revisionsrechtlich einwandfreier Auslegung der Pensionszusage angenommen hat - dort eingeräumten einseitigen Gestaltungsrechts nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses, aber noch vor Eintritt des Versorgungsfalls genügt hierfür nicht. Der Anspruch des Klägers stand nach dem Inhalt der Versorgungszusage von vornherein unter dem Vorbehalt, dass weder die Gesellschaft noch der Versorgungsberechtigte die Abfindung des Rentenanspruchs verlangen würde. Nur in diesem Umfang hat der Kläger eine Versorgungsanwartschaft erlangt (BGH, Urt. v. 21. Mai 2003 - VIII ZR 57/02, WM 2003, 2110, 2111). Wird die Kapitaloption vor Eintritt des Versorgungsfalls ausgeübt, wird der Anspruch aus der Pensionszusage durch die Kapitalleistung nicht abgefunden, sondern erfüllt (vgl. Blomeyer/Rolfs/Otto aaO).

[5] 2. Wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt, hat die Revision auch keine Aussicht auf Erfolg.

[6] Sonstige Rechtsfehler des Berufungsurteils werden von der Revision nicht gerügt und sind auch nicht ersichtlich.

Kraemer Caliebe Reichart

Drescher Löffler

Hinweis: Das Revisionsverfahren ist durch Revisionsrücknahme erledigt worden.

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