III ZB 8/08

30.04.2008

BUNDESGERICHTSHOF

vom

30. April 2008

in dem Rechtsstreit


Nachschlagewerk: ja


BGHZ: nein

BGHR: ja


ZPO § 91; RVG VV Anlage 1 Teil 3 Vorbemerkung 3

Absatz 4


Zur anteiligen Anrechnung einer vorgerichtlich

entstandenen Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr des

gerichtlichen Verfahrens (im Anschluss an BGH, Beschluss vom 22.

Januar 2008 - VIII ZB 57/07 - NJW 2008, 1323).


BGH, Beschluss vom 30. April 2008 - III ZB 8/08 -

OLG Frankfurt am Main, LG Limburg


Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 30.

April 2008 durch die Richter Dr. Wurm, Dr. Kapsa, Dörr, Dr. Herrmann

und die Richterin Harsdorf-Gebhardt

beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde des Klägers gegen den Beschluss des

18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 4.

Dezember 2007 - 18 W 342/07 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des

Rechtsbeschwerdeverfahrens.

Gegenstandswert: 290,06 €

Gründe:

[1] I. Im vorausgegangenen Erkenntnisverfahren hat der

Kläger die Beklagte auf Herausgabe eines von ihr aus der

Versteigerung eines Bildes erhaltenen Betrags von 6.292,35 € nebst

Zinsen in Anspruch genommen. Außerdem hat er als vorgerichtliche

Kosten eine halbe Geschäftsgebühr seines Prozessbevollmächtigten von

0,65 nach Nr. 2300 VV RVG in Höhe von 243,75 € zuzüglich

Postpauschale und Mehrwertsteuer geltend gemacht. Das Landgericht

hat den Klageanträgen in vollem Umfang entsprochen und die Kosten

des Rechtsstreits der Beklagten auferlegt.

[2] Im anschließenden Kostenfestsetzungsverfahren hat der

Kläger unter anderem eine 1,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG

von 487,50 € angemeldet. Das Landgericht hat ihm wegen der

Anrechnungsbestimmung in Teil 3 Vorbemerkung 3 Absatz 4 zu Nr. 3100

VV RVG lediglich eine 0,65-Verfahrensgebühr zuerkannt. Die sofortige

Beschwerde des Klägers ist erfolglos geblieben. Mit der vom

Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Kläger

sein Begehren auf Festsetzung der vollen Verfahrensgebühr weiter.

[3] II. Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Die

angefochtene Entscheidung ist nicht zu beanstanden.

[4] 1. Nach inzwischen gefestigter Rechtsprechung des

Bundesgerichtshofs vermindert sich durch die anteilige Anrechnung

einer vorgerichtlich entstandenen anwaltlichen Geschäftsgebühr gemäß

Nr. 2300 VV RVG auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen

Verfahrens nach Teil 3 Vorbemerkung 3 Absatz 4 VV RVG nicht die

bereits entstandene Geschäftsgebühr, sondern die in dem

anschließenden gerichtlichen Verfahren nach Nr. 3100 VV RVG

anfallende Verfahrensgebühr (BGH, Urteile vom 7. März 2007 - VIII ZR

86/06 - NJW 2007, 2049; vom 14. März 2007 - VIII ZR 184/06 - NJW

2007, 2050 und vom 11. Juli 2007 - VIII ZR 310/06 - NJW 2007, 3500;

Beschluss vom 22. Januar 2008 - VIII ZB 57/07 - NJW 2008, 1323, 1324

Rn. 6). Das ist, wie der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs

nunmehr - nach Erlass des angefochtenen Beschlusses - ebenfalls

entschieden hat, wegen § 91 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 ZPO auch im

Kostenfestsetzungsverfahren ohne Rücksicht darauf zu beachten, ob

die Geschäftsgebühr auf materiellrechtlicher Grundlage vom

Prozessgegner zu erstatten ist und ob sie unstreitig, geltend

gemacht, tituliert oder bereits beglichen ist (Beschluss vom 22.

Januar 2008 aaO Rn. 6 ff.). Dem schließt sich der hier zuständige

III. Zivilsenat an. Mit den von den abweichenden Auffassungen

dagegen vorgebrachten Argumenten, die sich auch die Rechtsbeschwerde

zu Eigen macht, hat sich der VIII. Zivilsenat eingehend

auseinandergesetzt und sie sämtlich für nicht durchgreifend

erachtet. Darauf wird Bezug genommen. Die dadurch bedingte Belastung

des Kostenfestsetzungsverfahrens mit materiellrechtlichen Fragen in

manchen Fällen ist angesichts der eindeutigen Fassung des Gesetzes

ebenso hinzunehmen wie Einschränkungen der

Kostenerstattungsansprüche von Beklagten gegenüber der früheren

Praxis, die die Anrechnungsvorschriften gegen deren Wortlaut im

Kostenfestsetzungsverfahren grundsätzlich nicht angewendet hatte.

[5] 2. Mit Recht haben hiernach die Vorinstanzen die vom

Kläger zur Festsetzung angemeldete 1,3-Verfahrensgebühr unter

Teilanrechnung der unstreitig wegen desselben Gegenstandes

entstandenen Geschäftsgebühr auf die Hälfte vermindert. Dass der

Kläger im Erkenntnisverfahren lediglich eine halbe vorgerichtliche

Geschäftsgebühr eingeklagt hatte, steht dem nach den vorstehenden

Ausführungen nicht entgegen. Eine Ausnahme von der gesetzlichen

Anrechnung auf die Verfahrensgebühr ist entgegen der

Rechtsbeschwerde auch nicht in "Übergangsfällen", in denen nach

bisheriger Übung klageweise nur die Hälfte der Geschäftsgebühr

geltend gemacht worden war, geboten. Für einen Vertrauensschutz

besteht dabei schon deswegen kein Bedürfnis, weil es dem Klä

ger frei steht, die zweite Hälfte der ihn belastenden

anwaltlichen Geschäftsgebühr nachträglich gegen die Beklagte

gerichtlich geltend zu machen.

Wurm Kapsa Dörr

Herrmann Harsdorf-Gebhardt

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