VIII ZR 354/11

06.02.2013

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

Verkündet am:

6. Februar 2013

Ermel,Justizangestellteals Urkundsbeamtinder Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit


Nachschlagewerk: ja


BGHZ: nein

BGHR: ja


AVBWasserV § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 3, § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2, § 11 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1,


§ 12 Abs. 1 Satz 1

a) Aus § 3 AVBWasserV ergibt sich die grundsätzliche Verpflichtung des Anschlussnehmers, seinen gesamten Wasserbedarf im vereinbarten Umfang bei dem Wasserversorgungsunternehmen zu decken.

b) Kann das Wasserversorgungsunternehmen gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1 AVBWasserV verlangen, dass der Anschlussnehmer auf eigene Kosten nach seiner Wahl an der Grundstücksgrenze einen geeigneten Wasserzählerschacht oder Wasserzählerschrank anbringt, so hat der Anschlussnehmer seine Kundenanlage an die neue Übergabestelle anzupassen, um weiterhin seinen Bezugspflichten nachzukommen.

c) Der Anspruch des Wasserversorgungsunternehmens gegen den Anschlussnehmer auf Erstattung der notwendigen Kosten für Veränderungen des Hausanschlusses (§ 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 AVBWasserV) setzt kein auf diese Veränderungen ausgerichtetes und damit zielgerichtetes Verhalten des Anschlussnehmers voraus. Es kommt vielmehr darauf an, ob die Kosten einem bestimmten Anschlussobjekt zugeordnet werden können (Fortführung des Senatsurteils vom 1. April 1987

- VIII ZR 167/86, BGHZ 100, 299, 305 f.).

d) Die Kostenpflicht des Anschlussnehmers gemäß § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 AVBWasserV wird auch dann begründet, wenn eine Änderung des Hausanschlusses durch den Verkauf und die Bebauung eines früher dem Anschlussnehmer gehörenden Grundstücks notwendig wird.


BGH, Urteil vom 6. Februar 2013 - VIII ZR 354/11 - OLG Frankfurt/Main, LG Wiesbaden


Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 21. November 2012 durch den Vorsitzenden Richter Ball, die Richterin Dr. Milger, den Richter Dr. Schneider, die Richterin Dr. Fetzer sowie den

Richter Dr. Bünger

für Recht erkannt:

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 11. November 2011 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zu ihrem Nachteil erkannt worden ist. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Wiesbaden vom 26. Januar 2011 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 23. März 2011 wird insgesamt zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die Kosten der Rechtsmittelverfahren einschließlich der durch die Streithilfe verursachten Kosten zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

[1] Die Klägerin, ein Wasserversorgungsunternehmen, versorgt die Städte E. und O. sowie die Gemeinden W. und Sch. mit Trinkwasser und betreibt dazu ein Verteilungsnetz mit entsprechenden Hausanschlüssen.

[2] Der Beklagte ist Eigentümer des Grundstücks K. Weg 1 mit der Flurnummer in Sch. . Dieses ist an die Wasserversorgung durch eine 40 m lange und etwa 45 Jahre alte Hausanschlussleitung angeschlossen. Diese verläuft unter anderem durch das Grundstück K.

Weg 3 mit der Flurnummer , das vormals ebenfalls im Eigentum des Beklagten stand und durch Grundstücksteilung entstanden ist.

[3] Mit notariellem Vertrag vom 20. März 2001 veräußerte der Beklagte dieses Grundstück an den Streithelfer der Klägerin, der es mit einem Wohnhaus bebaute und die Errichtung eines Carports beabsichtigt, wofür eine entsprechende Baugenehmigung vorliegt. Da durch den geplanten Carport die Hausanschlussleitung des Beklagten überbaut würde, ist die Verlegung dieser alleine das Grundstück des Beklagten versorgenden Leitung erforderlich, die der Streithelfer von der Klägerin verlangte.

[4] Die Klägerin teilte dem Beklagten mit, dass sie beabsichtige, einen Wasserzählerschacht an der Grundstücksgrenze zu setzen, die Wasserleitung von der Hauptleitung bis zum Wasserzähler zu erneuern und den Hausanschluss des Beklagten zukünftig an der Grundstücksgrenze enden zu lassen. Die vom Wasserzählerschacht zum Haus des Beklagten führende Wasserleitung ist nach Ansicht der Klägerin zukünftig die von dem Beklagten zu unterhaltende und anzupassende Kundenanlage. Der Beklagte lehnte die Verlegung der Leitung und die Kostentragung ab. Die bisherige Leitung funktioniere einwandfrei. Einziger Anlass, daran etwas zu ändern, sei das Verlangen des Streithelfers, die Leitung von seinem Grundstück zu entfernen. Damit habe dieser die Ursache gesetzt und müsse auch die Kosten tragen.

[5] Zwischen der Klägerin und dem Beklagten sind die Ergänzenden Bestimmungen der Klägerin vereinbart; darin ist unter anderem folgendes geregelt:

"§ 10 Kostenerstattung für Grundstücks-(Haus-)anschlüsse (zu § 10 Abs. 4 AVBWasserV)

[...]

(5) Der Anschlussnehmer erstattet der R. [der Klägerin] die Kosten für Veränderungen am Grundstücksanschluss nach tatsächlichem Aufwand. Eine Veränderung im Sinne dieser Ergänzenden Bestimmungen ist insbesondere:

- Die Umlegung eines vorhandenen Grundstücksanschlusses aus einem vom Anschlussnehmer zu vertretenden Grund aufgrund von Änderungen der Kundenanlage oder Baumaßnahmen, die die Zugänglichkeit oder den Bestand der Leitung beeinträchtigen. Gleiches gilt für die Umlegungen oder Änderungen des Grundstücksanschlusses, die aus sonstigen Gründen vom Anschlussnehmer gewünscht werden.

- Der Ersatz des bisherigen Grundstücksanschlusses durch einen größer dimensionierten Anschluss auf Grund einer erhöhten Leistungsanforderung des Anschlussnehmers in dem bestehenden oder in einem neuen Anschlussobjekt.

[...]

§ 12 Messeinrichtungen an der Grundstücksgrenze (zu § 11 AVBWasserV)

(1) Die R. [die Klägerin] ist berechtigt, die Errichtung eines Wasserzählerschachtes oder -schrankes an der Grundstücksgrenze zu verlangen, wenn

1. das Grundstück unbebaut ist

oder

2. die Länge des Hausanschlusses von dem Abzweig der Hauptversorgungsleitung zum Hausanschluss 15 Meter überschreitet

[...]

(2) [...]

(3) Die im Zusammenhang mit der Herstellung, Unterhaltung, Erneuerung, Änderung und Beseitigung des Schachtes/Schrankes anfallenden Kosten trägt der Anschlussnehmer nach tatsächlichem Aufwand."

[6] Die Klägerin hat den Beklagten auf Duldung der Verlegung der Wasserhausanschlussleitung, des Setzens des Wasserzählerschachts an der Grundstücksgrenze und der Erneuerung des Leitungsabschnitts von der Hauptleitung bis zum Wasserzähler verklagt (Antrag zu 1). Sie hat ihn zudem in Anspruch genommen, seine Kundenanlage an die geänderte Wasserhausanschlussleitung anzupassen, indem er die in seinen Hausanschluss mündende Wasserleitung an den Wasserzählerschacht an der Grundstücksgrenze (Wasserhausanschluss) verlegt und anschließt (Antrag zu 2). Ferner hat sie die Feststellung beantragt, dass der Beklagte verpflichtet ist, die Kosten für die Änderung des Wasserhausanschlusses, das Setzen des Wasserzählerschachts und die Verlegung der Versorgungsleitung von dem Wasserzählerschacht zu seinem Wohnhausanschluss (Kundenanlage) zu tragen (Antrag zu 3).

[7] Das Landgericht hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt. Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht das Urteil des Landgerichts teilweise abgeändert, die Klage hinsichtlich der Klageanträge zu 2 und zu 3 abgewiesen und die Berufung im Übrigen zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Klageanträge zu 2 und zu 3 weiter.

Entscheidungsgründe:

[8] Die Revision hat Erfolg.

[9] I. Das Berufungsgericht (OLG Frankfurt am Main, Versorgungswirtschaft 2012, 70) hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung, im Wesentlichen ausgeführt:

[10] Die Klägerin könne nicht verlangen, dass der Beklagte seine Kundenanlage an die geänderte Wasserhausanschlussleitung anpasse. Dies liege allein in seinem Interesse; er sei der Klägerin gegenüber nicht verpflichtet, sein Haus an die Wasserleitung anzuschließen.

[11] Der Beklagte sei auch nicht verpflichtet, die Kosten für die Änderung des Wasserhausanschlusses, das Setzen des Wasserzählerschachts und die Verlegung der Versorgungsleitung von dem Wasserzählerschacht zu seinem Wohnhausanschluss (Kundenanlage) zu tragen.

[12] Die Voraussetzungen des § 10 Abs. 4 AVBWasserV in Verbindung mit § 10 Abs. 5 der Ergänzenden Bestimmungen der Klägerin lägen nicht vor. Denn die Umlegung des vorhandenen Grundstücksanschlusses sei nicht von dem Beklagten veranlasst und nicht aus einem von ihm zu vertretenden Grund erforderlich. Zwar sei die Veräußerung des Grundstücks K. Weg 3 an den Streithelfer ursächlich dafür, dass der Streithelfer dieses auch an Stellen bebauen möchte, an denen die bisherige Leitung verlaufe. Hiermit habe der Beklagte zumindest rechnen müssen, zumal ihm bekannt gewesen sei, dass der Streithelfer eine Bebauung beabsichtige. Eine Verursachung der Verlegung der Leitung reiche aber nicht aus. Der Beklagte müsse vielmehr gemäß § 10 Abs. 5 der Ergänzenden Bestimmungen der Klägerin einen "zu vertretenden" Grund für die Verlegung gesetzt haben beziehungsweise diese müsse durch ihn "veranlasst" sein im Sinne des § 10 Abs. 4 AVBWasserV. Nach § 10 Abs. 5 der Ergänzenden Bestimmungen sei über das Setzen eines Grundes hinaus ein besonderer Zurechnungsgrund erforderlich, durch welchen der Grundstückseigentümer die Umlegung der Leitung zu vertreten habe. Mangels einer vereinbarten zusätzlichen Risikoübernahme oder einer sonstigen Haftungserweiterung komme hierfür allein ein subjektives Element in Betracht. Dies werde durch die Regelung in § 10 Abs. 4 AVBWasserV, die ergänzend zur Auslegung heranzuziehen sei, bestätigt. Für ein zusätzliches Erfordernis über eine adäquate Kausalität hinaus spreche bereits der Wortlaut beider Regelungen.

[13] Zudem sei die Intention des Verordnungsgebers zu berücksichtigen. Gemäß § 10 Abs. 3 AVBWasserV sei das Versorgungsunternehmen nach dem Erstellen des Hausanschlusses zu dessen Unterhaltung auf eigene Kosten verpflichtet, auch wenn dieser auf dem Privatgrundstück des Anschlussnehmers und nicht in öffentlichem Grund und Boden verlegt sei. Diese Unterhaltungslast sei der Allgemeinheit und damit dem Versorgungsunternehmen dann nicht mehr zumutbar, wenn ein einzelner Kunde wesentliche, nicht gerechtfertigte Sondervorteile erhalte oder wenn Änderungen auf Umständen beruhten, welche nicht im Einflussbereich des Versorgungsunternehmens, sondern allein in dem des Grundstückseigentümers lägen. Ein "zu vertretender Grund" sei unter Berücksichtigung dieser Verpflichtungen in Anlehnung an § 276 BGB dann anzunehmen, wenn das Verhalten des Anschlussnehmers für das Versorgungsunternehmen zusätzliche, seine Unterhaltungslast überschreitende Verpflichtungen schaffe. Subjektives Ziel eines Grundstücksverkaufs sei es jedoch in der Regel nicht, zusätzliche Unterhaltungspflichten des Versorgungsunternehmens gegenüber dem Veräußerer in Bezug auf dessen bestehende Versorgungsleitung zu begründen.

[14] Das einem Grundstücksverkauf folgende Erfordernis, insbesondere aufgrund geplanter baulicher Maßnahmen eine bestehende Versorgungsleitung zu verlegen, könne auch noch viele Jahre nach dem Verkauf eintreten. Sofern derartige noch viele Jahre später erfolgende Planungen dem Grundstücksveräußerer weiterhin mit der Folge einer Kostentragungspflicht bereits deshalb zugerechnet würden, weil er mit der Veräußerung die adäquate Ursache für die Baumaßnahmen gesetzt habe und diese auch regelmäßig habe voraussehen können, hätte das dessen zeitlich kaum begrenzte Nachhaft für die Kosten zur Folge.

[15] Der Beklagte sei auch nicht gemäß § 12 Abs. 1 und 3 der Ergänzenden Bestimmungen der Klägerin in Verbindung mit § 11 Abs. 1 AVBWasserV verpflichtet, der Klägerin die Kosten für das Setzen des Wasserzählerschachts und für die Verlegung der Versorgungsleitung von dem Wasserzählerschacht zu seinem Wohnhausanschluss (Kundenanlage) zu erstatten beziehungsweise diese zu tragen. Zwar lägen die Voraussetzungen dieser Bestimmungen vor. Die Kostentragungspflicht bestehe aber nur, wenn die Voraussetzungen des § 10 Abs. 4 AVBWasserV erfüllt seien. Denn das Versorgungsunternehmen sei während des laufenden Versorgungsverhältnisses als Dauerleistung auch zur Vorhaltung des errichteten Anschlusses verpflichtet. Dies umfasse auch die Erneuerung zum Zwecke der Erhaltung des Hausanschlusses.

[16] II. Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht hat den Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten auf Anpassung der Kundenanlage sowie auf Feststellung der Kostentragungspflicht rechtsfehlerhaft verneint.

[17] 1. Die Klägerin hat gegen den Beklagten aus dem Wasserversorgungsvertrag in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Satz 2, § 12 Abs. 1 Satz 1 und § 11 Abs. 1 Nr. 2 AVBWasserV einen Anspruch darauf, dass er seine Kundenanlage an die geänderte Wasserhausanschlussleitung anpasst, indem er die in seinen bisherigen Hausanschluss mündende Wasserleitung an den Wasserzählerschacht an der Grundstücksgrenze verlegt und anschließt. Dadurch dass der Wasserzählerschacht die neue Übergabestelle des Wassers darstellt, ist der Beklagte für den Bereich ab dem Wasserzählerschacht verantwortlich und aufgrund der von § 3 Abs. 1 AVBWasserV vorgeschriebenen Bedarfsdeckung verpflichtet, die Kundenanlage an diese Übergabestelle anzupassen.

[18] a) Nach dem insoweit nicht angegriffenen Urteil des Berufungsgerichts hat der Beklagte das Setzen eines Wasserzählerschachts an der Grundstücksgrenze zu dulden. Der Beklagte ist für den Bereich ab dem Wasserzählerschacht verantwortlich und damit für die Leitungen, die von diesem Schacht in sein Haus münden sollen.

[19] Die Verantwortungsbereiche zwischen dem Wasserversorgungsunternehmen und dem Kunden werden durch die Übergabestelle abgegrenzt - die Stelle, an der das Wasser und die Gefahr für das Leitungsgut auf den Kunden übergehen und die Übereignung nach § 929 BGB stattfindet (Senatsurteil vom 23. November 2011 - VIII ZR 23/11, NJW-RR 2012, 351 Rn. 32 mwN). Diese Übergabestelle ist in der Regel die Hauptabsperrvorrichtung (Morell,

AVBWasserV, Stand November 2010, § 10 Absatz 1 Anm. a), hier jedoch der Wasserzählerschacht (vgl. Senatsurteil vom 23. November 2011 - VIII ZR 23/11, aaO Rn. 33).

[20] Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts sind die Voraussetzungen des § 11 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1 AVBWasserV sowie des § 12 Abs. 1 Nr. 2 der Ergänzenden Bestimmungen der Klägerin gegeben. Nach diesen Vorschriften kann das Wasserversorgungsunternehmen verlangen, dass der Anschlussnehmer auf eigene Kosten nach seiner Wahl an der Grundstücksgrenze einen geeigneten Wasserzählerschacht oder Wasserzählerschrank anbringt, wenn die Versorgung des Gebäudes mit Anschlussleitungen erfolgt, die unverhältnismäßig lang sind. Durch die Anbringung des Wasserzählerschachts wird die Übergabestelle vorverlegt. Es geht darum, das Wasserversorgungsunternehmen im Interesse der Gesamtheit der Anschlussnehmer nicht mit überdurchschnittlichen Aufwendungen für Unterhaltung, Erneuerung und Ablesung zu belasten und es vor den Nachteilen zu schützen, die dadurch entstehen, dass ungemessenes Wasser in einer auf fremdem Grund verlegten, besonders langen Leitung fließt (Senatsurteil vom 23. November 2011 - VIII ZR 23/11, aaO mwN). Der Kunde ist daher hinsichtlich der hinter dem Wasserzählerschacht liegenden Leitung unterhaltungs- und erneuerungspflichtig (Ludwig/Odenthal, AVBWasserV, 1981, § 11 Anm. 1). Sie gehört zu der Kundenanlage, für deren ordnungsgemäße Errichtung, Erweiterung, Änderung und Unterhaltung gemäß § 12 Abs. 1 Satz 1 AVBWasserV der Kunde verantwortlich ist.

[21] b) Da die Klägerin einen Anspruch auf Verlegung der bisherigen Übergabestelle hat, ist der Beklagte verpflichtet, die Kundenanlage an die neue Übergabestelle anzupassen, um weiterhin seinen Bezugspflichten nachzukommen.

[22] Die Vorschrift des § 3 AVBWasserV regelt den Vertragsinhalt in Bezug auf Umfang und Zweck der Wasserversorgung (Amtliche Begründung zu § 3 AVBWasserV, abgedruckt in Ludwig/Odenthal, aaO S. 35). Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 AVBWasserV hat das Wasserversorgungsunternehmen dem Kunden im Rahmen des wirtschaftlich Zumutbaren die Möglichkeit einzuräumen, den Bezug auf den von ihm gewünschten Verbrauchszweck oder auf einen Teilbedarf zu beschränken. Der Kunde ist nach § 3 Abs. 1 Satz 2 AVBWasserV verpflichtet, seinen Wasserbedarf im vereinbarten Umfange aus dem Verteilungsnetz des Wasserversorgungsunternehmens zu decken.

[23] Obwohl nach dem Wortlaut der Regelung des § 3 Abs. 1 Satz 1 AVBWasserV die Möglichkeit zur Beschränkung des Bedarfs im Vordergrund steht, setzt sie die generelle Deckung des gesamten Bedarfs eines Kunden durch das Wasserversorgungsunternehmen voraus (Hermann/Recknagel, Kommentar zu den Allgemeinen Versorgungsbedingungen, 1984, § 3 AVBWasserV Rn. 1). Somit besteht auch die grundsätzliche Verpflichtung des Anschlussnehmers, seinen gesamten Wasserbedarf beim Versorgungsunternehmen zu decken (Hermann/Recknagel, aaO Rn. 2; Ludwig/Odenthal, aaO, § 3 Anm. 1; Weinreich, CuR 2008, 100; zum wesentlich inhaltsgleichen § 3 AVBFernwärmeV Danner/Theobald/Wollschläger, Energierecht, Stand November 2010, § 3 AVBFernwärmeV Rn. 5 f.).

[24] Von dieser Absatzmöglichkeit gehen die wirtschaftlichen Kalkulationsgrundlagen der Wasserversorgungsunternehmen aus (Hermann/Recknagel, aaO Rn. 2). Vor dem Hintergrund der Investitionen soll der Versorger vor einer Fehlkalkulation aufgrund geringerer oder gar keiner Abnahmemengen geschützt werden (Weinreich, aaO). Die Regelung des § 3 Abs. 1 AVBWasserV bezweckt einen Ausgleich zwischen dem Interesse der Allgemeinheit an einer möglichst sicheren, kostengünstigen und zu weitgehend gleichen Bedingungen erfolgenden Wasserversorgung einerseits und den Individualinteressen der einzelnen Verbraucher an einer Berücksichtigung ihrer besonderen Bedürfnisse und Wünsche andererseits (BVerwG, NVwZ 1986, 754 ff.).

[25] Der Beklagte ist daher weiterhin verpflichtet, seinen Bedarf an Trinkwasser gemäß dem Wasserlieferungsvertrag aus dem Verteilungsnetz der Klägerin zu decken. Er macht auch nicht geltend, dass er an dem Vertrag nicht mehr festhalten und kein Wasser mehr beziehen möchte. Vielmehr geht es ihm darum, mit dem Wasser weiterhin über die bisherigen Leitungen und damit an der bisherigen Übergabestelle versorgt zu werden. Da aber die Klägerin zu Recht eine Verlegung der Übergabestelle verlangt, hat der Beklagte seine Kundenanlage so zu ändern, dass er in der Lage ist, das Wasser an dieser neuen Stelle zu beziehen.

[26] 2. Der Beklagte hat gemäß § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 AVBWasserV in Verbindung mit § 10 Abs. 5 Satz 1 der Ergänzenden Bestimmungen der Klägerin die Kosten für die Änderung des Wasserhausanschlusses zu tragen, da er die Veränderung veranlasst hat.

[27] a) § 10 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 der Ergänzenden Bestimmungen der Klägerin, der einen "vom Anschlussnehmer zu vertretenden Grund" voraussetzt, ist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht einschlägig. Die Bestimmung erfasst ihrem Wortlaut und ihrem systematischen Aufbau nach - diese Auslegung kann der Senat frei und ohne Bindung an die Auslegung des Berufungsgerichts selbst vornehmen (vgl. Senatsurteile vom 9. Juni 2010 - VIII ZR 294/09, NJW 2010, 2877 Rn. 11 mwN; vom 8. Juni 2011 - VIII ZR 305/10, NJW 2011, 2643 Rn. 20) - nur Umlegungen, die aufgrund von Änderungen der Kundenanlage, bestimmten Baumaßnahmen oder aus sonstigen Gründen vom Anschlussnehmer gewünscht werden. Sie bezieht sich nicht auf Umlegungen, die ein Dritter beantragt, die aber vom Anschlussnehmer abgelehnt werden.

[28] Dadurch, dass § 10 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 Satz 2 auf Änderungen abstellt, die "aus sonstigen Gründen" vom Anschlussnehmer gewünscht werden, wird deutlich, dass auch § 10 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 Satz 1 nur Fälle umfassen soll, in denen der Anschlussnehmer selbst die Umlegung gegenüber dem Versorgungsunternehmen beantragt. Gestützt wird dies durch § 10 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2, wo auf die erhöhte Leistungsanforderung des Anschlussnehmers und damit ebenfalls auf ein Begehren des Anschlussnehmers und nicht auf das eines Dritten Bezug genommen wird.

[29] Wie das Wort "insbesondere" zeigt, enthält § 10 Abs. 5 Satz 2 der Ergänzenden Bestimmungen keine abschließende Aufzählung der Veränderungen des Hausanschlusses, die zu einem Kostenerstattungsanspruch der Klägerin führen sollen. Es kann daher für den vorliegenden Fall auf die Vorschrift des § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 AVBWasserV zurückgegriffen werden.

[30] b) Gemäß § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 AVBWasserV kann das Wasserversorgungsunternehmen Kosten für Veränderungen des Hausanschlusses verlangen, die der Anschlussnehmer durch eine Änderung oder Erweiterung seiner Anlage oder aus anderen Gründen veranlasst. Nach der amtlichen Begründung handelt es sich hierbei um individuell verursachte und zurechenbare Kosten (BR-Drucks. 196/80, S. 45). Es sei deshalb angemessen, sie nicht über die allgemeinen Wasserpreise an die Gesamtheit der Kunden weiterzugeben (BR-Drucks. 196/80, S. 45).

[31] Das Merkmal der Zurechenbarkeit verlangt - was das Berufungsgericht verkennt - kein auf eine Veränderung des Hausanschlusses ausgerichtetes und damit zielgerichtetes Verhalten des Anschlussnehmers. Es kommt vielmehr darauf an, ob die Kosten einem bestimmten Anschlussobjekt zugeordnet werden können. Denn bereits dann ist es nicht mehr angemessen, dass die Kosten von Änderungsmaßnahmen an dem Anschluss von der Gesamtheit der Kunden getragen werden sollen. Der Senat hat zu der gleichlautenden Vorschrift des § 10 Abs. 5 AVBEltV entschieden, dass diese darauf abzielt, die Anschlussnehmer so verursachungsgerecht wie möglich zu den Verteilungs- und Hausanschlusskosten heranzuziehen, und sich daraus ergibt, dass die einem konkreten Anschlussobjekt zuzuordnenden Kosten von demjenigen getragen werden sollen, der sie verursacht hat (Senatsurteil vom 1. April 1987 - VIII ZR 167/86, BGHZ 100, 299, 305 f.). Damit sollen im Interesse der Leistungsgerechtigkeit die übrigen Kunden vor dem Nachteil bewahrt werden, den sie erleiden würden, wenn die Kosten in die Energiepreise einkalkuliert werden müssten (Senatsurteil vom 1. April 1987 - VIII ZR 167/86, aaO S. 310).

[32] Die Kostenpflicht des Anschlussnehmers wird daher auch dann begründet, wenn - wie hier - eine Änderung des Hausanschlusses durch den Verkauf und die Bebauung eines früher dem Anschlussnehmer gehörenden Grundstücks notwendig wird (Morell, aaO, § 10 Absatz 4 Anm. a; Brändle, Versorgungswirtschaft 2012, 70, 72; OLG Stuttgart, Urteil vom 2. Juni 2010 - 4 U 19/10, juris Rn. 32 f.; LG Aurich, GWF/Recht und Steuern 1995, 23; leicht einschränkend Schütte/Horstkotte in Hempel/Franke, Recht der Energie- und Wasserversorgung, Stand Dezember 2011, § 10 AVBWasserV Rn. 41).

[33] c) Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung steht § 8 Abs. 3 Satz 2 AVBWasserV einer Kostentragungspflicht des Beklagten nicht entgegen. Diese Vorschrift regelt nur die Kostentragungspflicht zwischen der Klägerin und dem Streithelfer, der gemäß § 8 Abs. 3 Satz 1 AVBWasserV als Grundstückseigentümer die Verlegung von Einrichtungen mit der Begründung verlangt, dass sie an der bisherigen Stelle für ihn nicht mehr zumutbar sind. Sie besagt aber nichts darüber, ob das Wasserversorgungsunternehmen die von ihm nach § 8 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 1 AVBWasserV zu tragenden Kosten der Verlegung vollständig oder teilweise von einem Dritten, insbesondere einem Anschlussnehmer, erstattet verlangen kann. Wer im Verhältnis zwischen dem Wasserversorgungsunternehmen und dem Anschlussnehmer bestimmte Kosten zu tragen hat, ist der Regelung des § 10 Abs. 4 AVBWasserV zu entnehmen.

[34] 3. Der Beklagte ist gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 2 AVBWasserV in Verbindung mit § 12 Abs. 3 der Ergänzenden Bestimmungen der Klägerin verpflichtet, die Kosten für das Setzen des Wasserzählerschachts zu tragen. Die Vorschrift des § 11 Abs. 1 Nr. 2 AVBWasserV sieht ausdrücklich vor, dass das Anbringen des Wasserzählerschachts auf eigene Kosten des Anschlussnehmers erfolgt (siehe dazu Hermann/Recknagel/Schmidt-Salzer, aaO, § 11 AVBWasserV Rn. 1 und 3; Ludwig/Odenthal, aaO, § 11 Anm. 1; Morell, aaO, § 11 Absatz 1 Anm. a; Schütte/Horstkotte, aaO, Stand November 2010, § 11 Rn. 1). Sie enthält somit eine eigenständige Regelung zur Kostentragung für die von ihr erfassten Fälle. Bereits deswegen ist - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - ein Rückgriff auf die Vorschrift des § 10 Abs. 4 AVBWasserV nicht möglich. Dies ergibt sich auch aus § 11 Abs. 4 AVBWasserV, der nur die entsprechende Anwendung des § 10 Abs. 8 AVBWasserV, nicht aber die der übrigen Absätze des § 10 AVBWasserV vorsieht.

[35] 4. Der Beklagte ist gemäß § 12 Abs. 1 Satz 1 AVBWasserV zur Tragung der Kosten für die Verlegung der Versorgungsleitung von dem Wasserzählerschacht zu seinem Wohnhausanschluss verpflichtet. Da der Bereich ab dem Wasserzählerschacht in die Verantwortung des Beklagten fällt, gehen auch die Kosten für Anpassungsarbeiten in diesem Bereich zu seinen Lasten (vgl. Senatsurteile vom 30. April 1957 - VIII ZR 217/56, BGHZ 24, 148, 153 ff.; vom 23. November 2011 - VIII ZR 23/11, aaO Rn. 32 f.; LG Limburg, RdE 1991, 192, 193; AG Frankfurt am Main, RdE 1988, 123, 124; Morell, aaO, § 10 Absatz 4 Anm. a).

[36] III. Nach alledem kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben, soweit zum Nachteil der Klägerin erkannt worden ist; es ist auf die Revision der Klägerin daher insoweit aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat hat in der Sache selbst zu entscheiden, weil keine weiteren Feststellungen erforderlich sind und die Sache damit zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Da auch die Klageanträge zu 2 und zu 3 begründet sind, ist das Urteil des Landgerichts unter Zurückweisung der Berufung des Beklagten insoweit wiederherzustellen.

Ball Dr. Milger Richter am BGH Dr. Schneider

ist urlaubsabwesend und kann

daher nicht unterschreiben.

Ball

Karlsruhe, 05.02.2013

Dr. Fetzer Dr. Bünger

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