XII ZB 99/02

20.07.2005

BUNDESGERICHTSHOF

vom

20. Juli 2005

in der Familiensache


Nachschlagewerk: ja


BGHZ: nein

BGHR: ja


BGB § 1587 a Abs. 2 Nr. 1; SVG § 26 Fassung: 20. Dezember 2001


Bei der Bewertung von Soldatenversorgungen zum Zwecke des Versorgungsausgleichs bei Entscheidungen ab dem 1. Januar 2003 sind die zu diesem Zeitpunkt in Kraft getretenen Regelungen des Versorgungsänderungsgesetzes vom 20. Dezember 2001 zu berücksichtigen. Danach ist der verminderte Höchstruhegehaltssatz von 71,75 % maßgeblich (Fortführung des Senatsbeschlusses vom 26. November 2003 - XII ZB 75/02 - FamRZ 2004, 256 ff.).


BGH, Beschluß vom 20. Juli 2005 - XII ZB 99/02 - OLG Stuttgart, AG Sigmaringen


Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. Juli 2005 durch die

Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Prof. Dr. Wagenitz, Fuchs und Dose

beschlossen:

Auf die Rechtsbeschwerde der weiteren Beteiligten zu 1 wird der Beschluß des 18. Zivilsenats - Familiensenat - des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 23. Mai 2002 aufgehoben.

Auf die Beschwerden der weiteren Beteiligten zu 1 und des Antragsgegners wird das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Sigmaringen vom 24. Januar 2002 in Ziffer 2 dahin abgeändert, daß der monatliche Ausgleichsbetrag, bezogen auf den 31. März 2001, nicht 395,38 €, sondern 364,98 € beträgt.

Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Beschwerdewert: 500 ?

Gründe:

I. Die Parteien haben am 15. Oktober 1986 geheiratet. Der Scheidungsantrag der Ehefrau (Antragstellerin; geboren am 22. September 1960) ist dem Ehemann (Antragsgegner; geboren am 23. Dezember 1947) am 21. April 2001 zugestellt worden. Das Amtsgericht - Familiengericht - hat durch Verbundurteil die Ehe geschieden (insoweit rechtskräftig) und den Versorgungsausgleich dahin gehend geregelt, daß es zu Lasten der Versorgung des Antragsgegners bei der Wehrbereichsverwaltung Süd (WBV; weitere Beteiligte zu 1) im Wege des Quasi-Splittings nach § 1587 b Abs. 2 BGB auf dem Versicherungskonto der Antragstellerin bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA; weitere Beteiligte zu 2 Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 395,38 €, bezogen auf den 31. März 2001, begründet hat. Die hiergegen gerichteten Beschwerden der WBV und des Antragsgegners hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen.

Dabei ist das Oberlandesgericht nach den Auskünften der weiteren Beteiligten zu 1 und 2 von ehezeitlichen (1. Oktober 1986 bis 31. März 2001; § 1587 Abs. 2 BGB) Anwartschaften der Antragstellerin bei der BfA in Höhe von 57,29 € und des Antragsgegners bei der BfA in Höhe von 0,86 €, jeweils monatlich und bezogen auf den 31. März 2001, ausgegangen. Die Versorgung nach dem SVG, die der Antragsgegner zum Ende der Ehezeit von der WBV bereits bezogen hat, hat das Oberlandesgericht ohne Berücksichtigung der Absenkung des Höchstruhegehaltssatzes nach § 26 Abs. 1 Satz 1 SVG in der Fassung des Art. 2 Nr. 10 des Versorgungsänderungsgesetzes 2001 in Höhe von 847,17 € dem Versorgungsausgleich zugrundegelegt.

Dagegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde der WBV, die die Neuregelungen des Versorgungsänderungsgesetzes 2001 auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs angewandt wissen will. Die Parteien und die BfA haben sich im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht geäußert.

II. Die nach §§ 629 a Abs. 2 Satz 1, 621 e Abs. 2 Satz 1 1. Halbs. Nr. 1, 2. Halbs. in Verbindung mit § 543 Abs. 2 ZPO zulässige Rechtsbeschwerde ist nach Inkrafttreten des § 26 SVG in der Fassung des Art. 2 Nr. 10 des Versorgungsänderungsgesetzes 2001 vom 20. Dezember 2001 zum 1. Januar 2003 nunmehr begründet.

1. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerdeführerin hat das Oberlandesgericht, das noch im Jahr 2002 entschieden hat, den Versorgungsausgleich zu Recht nicht auf der Grundlage des § 26 SVG in der Fassung des Art. 2 Nr. 10 des Versorgungsänderungsgesetzes 2001 vom 20. Dezember 2001 durchgeführt, da diese Fassung erst am 1. Januar 2003 in Kraft getreten ist.

Indessen hat der Senat zwischenzeitlich entschieden, daß für die Berechnung des Versorgungsausgleichs bei beamtenrechtlichen Versorgungsanrechten im Hinblick auf den Halbteilungsgrundsatz seit dem 1. Januar 2003 uneingeschränkt der Höchstruhegehaltssatz von 71,75 % gemäß § 14 BeamtVG in der Fassung des Art. 1 Nr. 11 des Versorgungsänderungsgesetzes 2001 vom 20. Dezember 2001 (BGBl. I, 3926) maßgeblich ist, da diese Fassung nach Art. 20 Abs. 2 Nr. 1 des Versorgungsänderungsgesetzes zum 1. Januar 2003 in Kraft getreten ist. Dabei kommt es weder darauf an, ob das Ehezeitende vor oder in der Übergangsphase nach § 69 e BeamtVG liegt, noch ob der Versorgungsfall in oder erst nach der Übergangsphase eintreten wird (vgl. Senatsbeschlüsse vom 26. November 2003 - XII ZB 75/02 und XII ZB 30/03 - FamRZ 2004, 256 ff. bzw. 259 ff.). Wie der Senat weiter ausgeführt hat, fällt - wenn der Versorgungsfall während der Übergangsphase nach § 69 e BeamtVG eintritt - der degressive Versorgungsbestandteil nach § 69 e BeamtVG (sog. Abflachungsbetrag) nicht unter den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich. Ob der Abflachungsbetrag gegebenenfalls später im schuldrechtlichen Versorgungsausgleich auszugleichen sein wird, bleibt einer weiteren Prüfung vorbehalten, sofern die Voraussetzungen für einen schuldrechtlichen Versorgungsausgleich gegeben sein sollten (vgl. Senatsbeschluß vom 26. November 2003 - XII ZB 30/03 - aaO 261).

Dies gilt entsprechend für Versorgungsanrechte nach dem Soldatenversorgungsgesetz. Auch insoweit ist im Hinblick auf den Halbteilungsgrundsatz seit dem 1. Januar 2003 uneingeschränkt der Höchstruhegehaltssatz von 71,75 % gemäß § 26 SVG in der Fassung des Art. 2 Nr. 10 des Versorgungsänderungsgesetzes 2001 vom 20. Dezember 2001 maßgeblich, da diese Fassung nach Art. 20 Abs. 2 Nr. 9 des Versorgungsänderungsgesetzes zum 1. Januar 2003 in Kraft getreten ist. Die Übergangsregelung nach § 97 SVG entspricht insoweit genau derjenigen nach § 69 e BeamtVG.

Zwar unterliegen die Rentenanwartschaften, die für die Antragstellerin durch das Quasi-Splitting - aufgrund des herabgesetzten Höchstversorgungssatzes von 71,75 % - begründet werden, wie alle Anwartschaften der Antragstellerin in der gesetzlichen Rentenversicherung für die Zeit vom 1. Juli 2001 bis zum 1. Juli 2010 zusätzlich der Niveauabsenkung nach § 255 e SGB VI. Dies ist indessen durch die unterschiedlichen Niveauabsenkungsregelungen in der gesetzlichen Rentenversicherung einerseits und der Beamtenversorgung andererseits systemimmanent und kann nicht dadurch korrigiert werden, daß dem Antragsgegner unter Verstoß gegen den Halbteilungsgrundsatz mehr als die Hälfte der ihm tatsächlich zustehenden ehezeitbezogenen Versorgungsanwartschaften genommen wird. Sollten wegen der systembedingten Unterschiede im Ergebnis Korrekturen erforderlich werden - was im Hinblick auf die gegenwärtigen renten- und pensionsrechtlichen Unsicherheiten nicht abschließend beurteilt werden kann -, müssen diese gegebenenfalls der Abänderung nach § 10 a Abs. 1 Nr. 1 VAHRG vorbehalten bleiben.

2. Abweichend von der Auskunft der WBV vom 22. Februar 2002 beläuft sich der Bemessungsfaktor hinsichtlich der Sonderzuwendung gemäß §§ 1 Nr. 4, 4 Abs. 1, Abs. 2 des Bundessonderzahlungsgesetzes (BSZG; in der Fassung der Bekanntmachung der Neufassung des BSZG vom 28. Februar 2005 - BGBl. I, 464; zur Anwendung des jeweils zur Zeit der Entscheidung geltenden Bemessungsfaktors vgl. zuletzt Senatsbeschluß vom 4. September 2002 - XII ZB 130/98 - FamRZ 2003, 437 ff. m.w.N.) nunmehr auf 4,17 % jährlich. Damit beläuft sich der Ehezeitanteil der Soldatenversorgung des Antragsgegners auf 786,39 €. Den ehezeitlichen Anwartschaften der Antragstellerin in Höhe von 57,29 € stehen daher Anrechte des Antragsgegners in Höhe von insgesamt 786,39 € + 0,86 € = 787,25 € gegenüber, so daß sich ein Ausgleichsbetrag von 364,98 € errechnet.

Hahne Sprick Wagenitz

Fuchs Dose

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