XII ZR 205/06
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
Verkündet am:
9. April 2008
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
NutzEV § 3; EGBGB Art. 232 § 4 a
Nach § 3 NutzEV mögliche, aber zunächst versäumte
Erhöhungen des Nutungsentgeltes können zu einem späteren Zeitpunkt
in voller Höhe in einem Schritt für die Zukunft verlangt werden.
BGH, Urteil vom 9. April 2008 - XII ZR 205/06 - LG
Frankfurt (Oder), AG Strausberg
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die
mündliche Verhandlung vom 9. April 2008 durch die Vorsitzende
Richterin Dr. Hahne, die Richter Fuchs, Dr. Ahlt, die Richterin Dr.
Vzina und den Richter Dose
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Kläger wird das Urteil der 6.
Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 12. Dezember 2006
aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das
Landgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
[1] Die Kläger verlangen Nutzungsentschädigung nach dem
SchuldRAnpG.
[2] Die Beklagte und ihr zwischenzeitlich verstorbener
Ehemann schlossen am 1. August 1970 mit dem Rat der Gemeinde G.
einen als Pachtvertrag bezeichneten Vertrag über die Nutzung des
Grundstücks "Gelände für Naherholung Parzelle 2" für die Dauer von
25 Jahren zum jährlichen Pachtzins von 50 Mark. Im Jahre 1979 erwarb
Jürgen S. das Grundstück Gemarkung G. Flur 3 Flurstück 24, zu dem
die an die Beklagte und an ihren Ehemann verpachtete Parzelle
gehört, zu Eigentum. Auf seine Klage stellte das Amtsgericht S. mit
Urteil vom 22. Januar 1993 (1 C 529/91) die Unwirksamkeit des
zwischen dem Rat der Gemeinde und der Beklagten und ihrem Ehemann
geschlossenen Vertrages fest. Die daraufhin von Jürgen S. erhobene
Räumungsklage hat das Amtsgericht S. am 9. November 1994 (9 C
541/94) mit der Begründung abgewiesen, den Beklagten komme
Bestandsschutz nach dem Moratorium zu.
[3] Am 9. Oktober 1997 veräußerte Jürgen S. das gesamte
Grundstück Gemarkung G. Flur 3 Flurstück 24 an die Kläger und die
Eheleute Bärbel und Werner H. zu je 1/4. Nachdem Frau H. 2001 den
1/4-Anteil ihres Ehemannes mit dessen Tod im Wege der Erbfolge
erworben hatte, veräußerte sie mit notariellem Vertrag vom 4. August
2004 ihren jetzt hälftigen Miteigentumsanteil an die Klägerin zu 1.
Dies wurde am 24. Mai 2005 im Grundbuch eingetragen.
[4] Im Jahre 2003 wurden die Flurstücksbezeichnungen neu
festgelegt. Aus der überlassenen Parzelle 2 wurde das Flurstück 55
mit einer Größe von 507 mý.
[5] Mit Schreiben vom 16. August 2000 erklärte der Kläger
zu 2 im eigenen Namen und als Bevollmächtigter der Miteigentümer die
Erhöhung des Nutzungsentgelts mit Wirkung vom 1. November 2000 auf
3.735,42 DM (6,68 DM/mý) pro Jahr. Mit Schreiben vom 13. Dezember
2001 folgte eine weitere Erhöhung ab 1. März 2002 auf 4.233,48 DM
(7,75 DM/mý) pro Jahr. In einem weiteren Erhöhungsschreiben vom 26.
Oktober 2004 wurde unter Zugrundelegung der neu vermessenen
Bodenfläche von 507 mý ein Nutzungsentgelt von 2.310,22 pro Jahr,
beginnend mit dem 1. Januar 2005, verlangt. Die Vollmacht für dieses
Erhöhungsverlangen war lediglich von der Klägerin zu 1
unterzeichnet, was die Beklagte gerügt hat.
[6] Die Beklagte hat allen Erhöhungsverlangen
widersprochen. Sie hat in den Folgejahren ab 2000 unter
Zugrundelegung einer Fläche von 300 mý jeweils geringere
Nutzungsentschädigung gezahlt, als von den Klägern verlangt.
[7] Die Kläger haben zunächst für die Zeit vom 1. November
2000 bis 31. Dezember 2005 rückständiges Nutzungsentgelt in Höhe von
9.098,84 begehrt und mit Schriftsatz vom 3. November 2005 die
Klage auf 3.336,66 reduziert. Das Amtsgericht hat die Klage
abgewiesen. Mit ihrer Berufung haben die Kläger weiterhin 3.336,66
Nutzungsentgelt, hilfsweise im Wege der Klageerweiterung Räumung und
Herausgabe des Grundstücks sowie Zahlung von 15.744,28 nebst
3.586,20 Zinsen (Schadensersatz und Bereicherung) geltend gemacht.
Die Berufung ist ohne Erfolg geblieben. Dagegen wenden sich die
Kläger mit der vom Senat zugelassenen Revision.
Entscheidungsgründe:
[8] Das Rechtsmittel hat Erfolg. Es führt zur Aufhebung
des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an
das Landgericht.
[9] 1. Das Berufungsgericht hat, soweit für die Revision
noch von Bedeutung, ausgeführt: Der Nutzungsvertrag zwischen der
Beklagten und ihrem verstorbenen Ehemann als Nutzer und dem Rat der
Gemeinde auf Überlasserseite sei nicht unwirksam. Die materielle
Rechtskraft des Urteils vom 22. Januar 1993 - 1 C 529/91 -, mit dem
das Kreisgericht S. die Unwirksamkeit des Pachtvertrages
festgestellt habe, binde die Kammer nicht. Zum einen sei es falsch,
weil es die Unwirksamkeit des Pachtvertrages auf die fehlende
Genehmigung nach § 1 Abs. 3 der Grundstücksverkehrsordnung stütze,
obwohl dieses Genehmigungserfordernis durch Gesetz vom 28. Juni 1990
entfallen und folglich der schwebend unwirksame Vertrag wirksam
geworden sei. Zum anderen seien diejenigen Nutzer geschützt worden,
die einen Nutzungsvertrag nicht mit dem Eigentümer, sondern mit
einem Dritten, einer LPG oder mit staatlichen Stellen abgeschlossen
hätten. In der ehemaligen DDR habe es zahlreiche Fallgestaltungen
gegeben, in denen staatliche Stellen Nutzern Grundstücke ohne
Mitwirkung von Eigentümern zur Verfügung gestellt hätten, ohne dass
für ihr Handeln eine ausreichende Rechtsgrundlage erkennbar gewesen
sei. Teilweise habe sich in vielen Gemeinden eine Praxis "wilder
Verwaltungen" entwickelt, nach der nicht genutzte Grundstücke ohne
oder ohne ausreichende Rechtsgrundlage Bürgern zur Nutzung
überlassen worden seien. Mit dem Inkrafttreten des
Schuldrechtsanpassungsgesetzes hätten die Eigentümer in diese
Nutzungsverhältnisse eintreten sollen. Das Fehlen oder die
Überschreitung einer Rechtsgrundlage zur Grundstücksüberlassung sei
in diesen Fällen nur beachtlich, wenn der Nutzer den Mangel gekannt
habe. Vor Inkrafttreten des Schuldrechtsanpassungsgesetzes habe
bereits Art. 232 § 4 a EGBGB (sog. Vertragsmoratorium) den Nutzer
geschützt. Dieses habe Wirksamkeitshindernisse ausdrücklich für
unerheblich erklärt, wenn der Vertrag von einer hierzu nicht
ermächtigten Stelle geschlossen worden sei.
[10] Die Erhöhungsverlangen der Kläger seien aber aus
formellen Gründen unwirksam. Die Erhöhungserklärungen vom 16. August
2000 und 13. Dezember 2001 seien unwirksam, weil sie nicht den nach
den §§ 3 Abs. 1, 6 Abs. 1 NutzEV erforderlichen formellen
Anforderungen an Erhöhungserklärungen entsprächen. Notwendiger
Mindestinhalt sei nach § 6 Abs. 1 Satz 1 NutzEV die genaue
Bezeichnung von Grundstück und Vertrag sowie des Betrages des
erhöhten Nutzungsentgelts und dessen kalendermäßige Fälligkeit. Der
Nutzer müsse der Erklärung entnehmen können, welchen Betrag er von
wann ab nach der Nutzungsentgeltverordnung für die vertragliche
Nutzung welchen Grundstückes zahlen solle. Darüber hinaus müsse der
Nutzer aus der Erklärung erkennen können, welchen oder welche
Erhöhungsschritte im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 1 NutzEV der
Grundstückseigentümer vollziehen wolle. Nach § 6 Abs. 1 Satz 2 und 3
NutzEV in der Fassung der Änderungsverordnung vom 24. Juli 1997 habe
der Grundstückseigentümer sein Erhöhungsverlangen schriftlich zu
erklären. Es müsse stets dargelegt werden, dass mit dem
Erhöhungsverlangen die ortsüblichen Entgelte nicht überschritten
würden (Satz 1). Diese Regelung solle der Vermeidung unbegründeter
Erhöhungsverlangen dienen, indem der Grundstückseigentümer gezwungen
werde, sich vor weiteren Erhöhungsschritten ein Bild von der Höhe
des ortsüblichen Entgelts zu verschaffen. Die zum 2. Oktober 1990
vereinbarten Nutzungsentgelte sollten schrittweise an die auf dem
freien Grundstücksmarkt üblichen Entgelte herangeführt werden.
[11] Lege der Grundstückseigentümer seiner
Erhöhungserklärung unrichtige Mietwerte zugrunde, z.B. in Form
falscher Ausgangswerte oder unrichtiger angeblicher ortsüblicher
Miete, müsse der Nutzer solche Unrichtigkeiten aus der Erklärung
zumindest erkennen können. Die Erhöhungserklärung müsse deshalb auch
eine für den Nutzer nachvollziehbare Berechnung unter Angabe des
ortsüblichen Entgelts als zu beachtende Obergrenze enthalten. Diesen
Anforderungen genügten die genannten Erhöhungserklärungen vom 16.
August 2000 und 13. Dezember 2001 nicht. Für beide Erklärungen sei
bereits fraglich, ob sie von den Klägern aufrechterhalten worden
seien. Mit ihrem Schriftsatz vom 3. November 2005 hätten die Kläger
nämlich ihren Zahlungsanspruch reduziert. Dies könne nur so
verstanden werden, dass sie an ihrem ursprünglichen
Erhöhungsverlangen nicht mehr festhielten. Dazu seien sie ohne
Zustimmung der Nutzer befugt. Ihr neues Erhöhungsverlangen hätten
die Kläger unter Beachtung der Erhöhungsschritte des § 3 Abs. 1 Nr.
1 bis 5 NutzEV auf 3 DM/mý reduziert, ohne jedoch das in § 6 Abs. 1
NutzEV zwingend vorgeschriebene Erläuterungs- und Begründungsgebot
beachtet und Ausführungen zum ortsüblichen Entgelt gemacht zu haben.
Deshalb seien die Erhöhungsverlangen auch in der reduzierten Form
unwirksam und könnten keine Rechtsfolge im Sinne des § 6 Abs. 2
NutzEV auslösen. Die Unwirksamkeit ergebe sich zudem daraus, dass
weder das Schuldrechtsanpassungsgesetz noch die nach § 20 Abs. 1
Satz 2 SchuldRAnpG maßgebliche Entgeltverordnung eine rückwirkende
Erhöhung des Entgelts vorsehe.
[12] Selbst wenn man der Auffassung sei, dass die Kläger
ihre Erhöhungsverlangen vom 16. August 2000 und 13. Dezember 2001
zumindest hilfsweise aufrechterhalten hätten, seien diese infolge
der Nichtbeachtung der formellen und materiellen Voraussetzungen des
§ 6 Abs. 1 NutzEV in Verbindung mit § 3 Abs. 1 NutzEV unwirksam, da
für die Beklagte als Nutzerin die genannten Erfordernisse nicht
ausreichend erläutert und bekanntgegeben worden seien. Dies gelte
nicht nur für die Fehlerhaftigkeit des Ausgangswertes des zum 2.
Oktober 1990 zulässigen Entgelts, sondern auch für den Umstand, dass
die Kläger als Rechtsnachfolger in den bestehenden Nutzungsvertrag
eingetreten und folglich an vollzogene Nutzungsentgelterhöhungen
durch Voreigentümer gebunden seien und es darüber hinaus unzulässig
sei, versäumte Erhöhungen in einem Schritt nachzuholen.
[13] Die Erhöhungserklärung vom 26. Oktober 2004 sei
bereits deshalb formell unwirksam, da sie nicht von allen
Grundstückseigentümern erklärt worden sei. Mehrere
Grundstückseigentümer könnten die Erhöhungserklärung nur gemeinsam
abgeben. Zum Zeitpunkt dieser Erhöhungserklärung sei noch Frau H.
Miteigentümerin des Grundstücks gewesen. Zwar habe sie ihren Anteil
an die Klägerin veräußert. Die Eigentumsüberschreibung sei aber erst
am 24. Mai 2005 erfolgt. Eine Ermächtigung zur Entgelterhöhung liege
nicht vor. Die Vollmacht sei von Frau H. nicht unterzeichnet. Der
Bevollmächtigte der Beklagten habe deshalb die Erklärung mit
Schriftsatz vom 20. November 2004 (richtig: 22. November 2004)
zurückgewiesen. Gehe man davon aus, dass die Kläger ihr
Erhöhungsverlangen im Schriftsatz vom 3. November 2005 erneut
geltend gemacht hätten, sei festzustellen, dass ihr neues
Erhöhungsverlangen unter Beachtung der Erhöhungsschritte des § 3
Abs. 1 Nr. 1 bis 5 NutzEV erfolgt aber dennoch unwirksam sei, da das
in § 6 Abs. 1 NutzEV zwingend vorgesehene Erläuterungs- und
Begründungsgebot nicht beachtet sei. Die Unwirksamkeit ergebe sich
zudem daraus, dass weder das SchuldRAnpG noch die nach § 20 Abs. 1
Satz 2 SchuldRAnpG maßgebliche NutzEV eine rückwirkende Erhöhung des
Entgelts vorsehe.
[14] Die Hilfsanträge seien zulässig, in der Sache aber
unbegründet. Den Klägern stehe weder ein Herausgabeanspruch nach §
985 BGB noch ein Anspruch auf Nutzungsentschädigung gemäß §§ 987 f.
BGB zu. Die Beklagte sei nämlich aus dem Nutzungsvertrag vom 1.
August 1970, in den die Kläger eingetreten seien, zum Besitz
berechtigt (§ 986 BGB). Das Urteil vom 22. Januar 1993, mit dem das
Kreisgericht S. die Unwirksamkeit des Pachtvertrages vom 1. August
1970 zwischen der Gemeinde G. und der Beklagten sowie ihrem
verstorbenen Ehemann festgestellt habe, binde die Kammer nicht. Wenn
die in einem Vorprozess entschiedene Rechtsfrage Vorfrage eines
nachfolgenden Rechtsstreits sei, so führe die Rechtskraftwirkung des
Vorprozesses zwar grundsätzlich zu einer Bindung im Folgeverfahren.
Eine Einschränkung sei aber anerkannt, wenn die präjudizielle
Vorentscheidung aufgrund eines Rechtsanwendungsfehlers unrichtig sei
oder sich die Gesetzes- und Rechtslage nach Erlass der Entscheidung
geändert habe, so dass die gerichtliche Entscheidung nicht mehr mit
der wahren Gesetzes- oder Rechtslage übereinstimme. So sei es hier.
Die gerichtliche Entscheidung des Kreisgerichts S. erweise sich mit
dem zum Schluss der mündlichen Verhandlung geltenden Recht als
unvereinbar, soweit die Unwirksamkeit des Pachtvertrages und damit
der Tenor der gerichtlichen Entscheidung auf die fehlende
Genehmigung nach § 1 Abs. 3 der Grundstücksverkehrsordnung gestützt
werde, obwohl dieses Genehmigungserfordernis durch Gesetz vom 28.
Juni 1990 (GBl. I Nr. 39 S. 524) entfallen und folglich der
schwebend unwirksame Vertrag wirksam geworden sei. Darüber hinaus
habe die Beklagte nach dem 2. Oktober 1990 bis zum Inkrafttreten des
SchuldRAnpG am 1. Juli 1995 (richtig: 1. Januar 1995) aufgrund des
Vertragsmoratoriums (Art. 232 § 4 Abs. 3 EGBGB a.F. i.V.m. Art. 232
§ 4 Abs. 2 EGBGB a.F.) ein Recht zum Besitz gehabt, da die
Vorschrift des Art. 232 § 4 a EGBGB (jetzt § 8 SchuldRAnpG) gemäß
Art. 232 § 4 Abs. 4 EGBGB für die vor dem 1. Januar 1976
geschlossenen Verträge, durch die land- und forstwirtschaftlich
nicht genutzte Bodenflächen Bürgern zur Erholung und
Freizeitgestaltung bzw. zum Zwecke der nicht gewerblichen
kleingärtnerischen Nutzung überlassen worden seien, zur Anwendung
komme. Art. 232 § 4 a Abs. 2 und 3 EGBGB a.F., als Vorläufer des § 8
SchuldRAnpG, habe den gesetzlichen Bestandsschutz der am 2. Oktober
1990 existenten Nutzungsverträge unabhängig davon angeordnet, ob
diese Verträge unmittelbar mit den Eigentümern geschlossen worden
seien. Geschützt seien auch diejenigen Nutzer, die einen
Nutzungsvertrag nicht unmittelbar mit dem Grundstückseigentümer,
sondern mit einem Dritten, einer LPG oder mit staatlichen Stellen
abgeschlossen hätten. Der Nutzer habe so gestellt werden sollen, wie
er bei gesetzeskonformem Vorgehen der Behörden der DDR gestanden
hätte. Seine schuldrechtliche Rechtsposition habe gesichert werden
sollen. Diesem Anliegen sei der Gesetzgeber ab dem 1. Juni 1995
(richtig: 1. Januar 1995) mit dem SchuldRAnpG nachgekommen.
[15] 2. Diese Ausführungen des Berufungsgerichts halten
einer rechtlichen Nachprüfung nur zum Teil stand.
[16] a) Ohne Erfolg macht die Revision allerdings
geltend, das Berufungsgericht hätte, weil aufgrund des
rechtskräftigen Urteils des Amtsgerichts S. vom 31. Januar 1993 die
Unwirksamkeit des Nutzungsvertrages feststehe, den Hauptantrag
abweisen, aber dem Hilfsantrag stattgeben müssen. Im Ergebnis
zutreffend ist das Berufungsgericht nämlich davon ausgegangen, dass
der Beklagten ein Recht zum Besitz (§ 986 BGB) zustehe und deshalb
die Hilfsanträge keinen Erfolg haben könnten. Entgegen der
Auffassung der Revision hat das Berufungsgericht gesehen, dass eine
Bindung an das Feststellungsurteil grundsätzlich in Betracht kam,
weil dort über diese als Vorfrage rechtskräftig entschieden worden
ist. Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht aber angenommen,
dass ein Herausgabeanspruch nach § 985 BGB und ein
Entschädigungsanspruch nach § 987 BGB deshalb ausscheiden, weil der
Gesetzgeber nach Erlass des Feststellungsurteils (zu den zeitlichen
Grenzen der Rechtskraft vgl. Zöller/Vollkommer ZPO 26. Aufl. vor §
322 Rdn. 53) der Beklagten ein Recht zum Besitz eingeräumt habe. Mit
dem Registerverfahrensbeschleunigungsgesetz vom 25. Dezember 1993 -
somit nach Erlass des Feststellungsurteils - wurden durch Art. 232 §
4 Abs. 4 EGBGB auch vor dem 1. Januar 1976 - Datum des
Inkrafttretens des ZGB - geschlossene Nutzungsverträge den §§ 312
bis 315 ZGB unterworfen, und mit Art. 232 § 4 a EGBGB wurde das
sogenannte Vertragsmoratorium geschaffen, wonach die alten Verträge
bis 31. Dezember 1994 nur noch aus Gründen des § 554 BGB a.F.
beendet werden konnten. Demjenigen, der mit einer staatlichen Stelle
der DDR einen Nutzungsvertrag im Vertrauen auf dessen Gültigkeit
geschlossen hatte, sollte Vertrauensschutz dahin zukommen, dass er
dem Eigentümer gegenüber zum Besitz berechtigt war, unabhängig
davon, ob die staatliche Stelle zum Abschluss berechtigt war (vgl.
Art. 232 § 4 a Abs. 2, 3 EGBGB). Mit dem am 1. Januar 1995 in Kraft
getretenen SchuldRAnpG hat der Gesetzgeber den Bestandsschutz
fortgeführt (§ 8 SchuldRAnpG). Zum Ausgleich dafür, dass der
Eigentümer das Grundstück auf lange Zeit nicht herausverlangen kann
(vgl. § 23 SchuldRAnpG), sieht § 20 SchuldRAnpG i.V.m. der NutzEV
eine schrittweise Anpassung an die ortsübliche Miete vor.
[17] Der Entscheidung des Berufungsgerichts stehen auch
Art. 232 § 4 a Abs. 7 und § 8 Abs. 3 SchuldRAnpG nicht entgegen.
Nach diesen Bestimmungen soll Bestandsschutz dann nicht bestehen,
wenn die Rechtskraft eines Urteils entgegensteht. Das ist hier nicht
der Fall. Die Vorschriften sind dahin auszulegen, dass sie dem
Bestandsschutz nur dann entgegenstehen, wenn über das Recht zum
Besitz gemäß Art. 232 § 4 a EGBGB entschieden worden ist. Das Gesetz
will nämlich denjenigen Nutzer, der aufgrund eines unwirksamen
Nutzungsvertrages besitzt, vor Herausgabeansprüchen des Eigentümers
schützen, indem es ihm ein neues Besitzrecht einräumt. Der
Eigentümer soll sich nicht auf die Unwirksamkeit eines Vertrages
berufen können, der unter den in Art. 232 § 4 a EGBGB genannten
Umständen zustande gekommen ist, und zwar auch dann nicht, wenn dies
rechtskräftig festgestellt ist.
[18] Es kommt hinzu, dass das Amtsgericht S. die
Räumungsklage des Klägers abgewiesen hat mit der Begründung, die
Unwirksamkeit des Nutzungsvertrages stehe zwar rechtskräftig fest,
dem Beklagten stehe aber Bestandsschutz zu. Zwar ist es zweifelhaft,
welchem Urteil bei einander widersprechenden formell rechtskräftigen
Entscheidungen der Vorrang einzuräumen ist (vgl. dazu
Zöller/Vollkommer aaO Rdn. 78 m.w.N.). Diese Problematik stellt sich
vorliegend aber nicht, weil der Streitgegenstand des
Räumungsrechtsstreits nicht identisch mit dem des
Feststellungsstreits ist. Mit der rechtskräftigen Abweisung der
Räumungsklage steht rechtskräftig fest, dass dem Beklagten aufgrund
der Schutzvorschriften des Moratoriums (und des SchuldRAnpG) trotz
der rechtskräftigen Feststellung der Unwirksamkeit des
Nutzungsvertrages ein Recht zum Besitz zusteht.
[19] b) Ohne Rechtsfehler und von der Revision auch nicht
angegriffen geht das Berufungsgericht zwar davon aus, dass die
Kläger ihr Erhöhungsverlangen im Rechtsstreit wirksam reduziert
haben und nur noch die in § 3 NutzEV vorgesehene Mindesterhöhung
geltend machen. Soweit das Berufungsgericht aber meint, dieses
Erhöhungsverlangen sei unwirksam, weil es das in § 6 Abs. 1 NutzEV
zwingend vorgesehene Erläuterungs- und Begründungsgebot nicht
beachte und keine Ausführungen zum ortsüblichen Entgelt enthalte,
kann ihm nicht gefolgt werden. Die Mindestentschädigung ist in jedem
Fall geschuldet.
[20] aa) § 3 Abs. 1 Nr. 1 NutzEV regelt die materiellen
Voraussetzungen für die Anpassung des vereinbarten Nutzungsentgelts
an die Marktmiete. Danach soll zum 1. November 1993 eine
Verdoppelung des am 2. Oktober 1990 zulässigen Entgelts möglich
sein, mindestens aber eine Festsetzung auf 0,15 bzw. 0,30 DM/mý bei
bebauten Grundstücken. Die Erhöhung auf 0,15 bzw. 0,30 DM/mý soll
damit auf jeden Fall erfolgen können, unabhängig davon, wie hoch das
Entgelt am 2. Oktober 1990 war. Sinn und Zweck des
Erläuterungsgebotes werden nicht beeinträchtigt, wenn dem
Grundstückseigentümer wegen seines falschen Ausgangspunktes zwar
nicht das Doppelte des am 2. Oktober 1990 zulässigen Entgelts, aber
jedenfalls das Mindestentgelt zugesprochen wird. Nach dem insoweit
unmissverständlichen Wortlaut des Gesetzes soll der Nutzer
mindestens - d.h. unabhängig davon, wie viel er bisher bezahlt hat,
was ortsüblich ist usw. - 0,15 bzw. 0,30 DM/mý bezahlen. Diese
Mindesterhöhung ist nicht davon abhängig, dass der Kläger in seinem
Erhöhungsverlangen richtige Daten zugrunde legt und zutreffende
Rechtsausführungen vertritt. Sie soll der Nutzer auch dann zahlen,
wenn das Erhöhungsverlangen unwirksam ist. Der Nutzer bedarf
insoweit auch keines Schutzes. Er weiß, dass er die sich unmittelbar
aus dem Gesetz ergebende Mindestvergütung auf jeden Fall zahlen
muss.
[21] bb) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts
haben die Kläger die vom Gesetz für die Geltendmachung der
Mindesterhöhung geforderte Erklärung abgegeben, dass die verlangte
Erhöhung das ortsübliche Entgelt nicht überschreite. Dass sie dies
im Schriftsatz vom 3. November 2005, mit dem sie ihr
Erhöhungsverlangen reduziert haben, nicht noch einmal ausdrücklich
erklärt haben, schadet nicht. Die Kläger hatten in allen drei
Erhöhungsverlangen umfangreiche Ausführungen zum ortsüblichen
Nutzungsentgelt gemacht. Sie für das reduzierte Erhöhungsverlangen
erneut zu fordern, wäre eine nicht mehr vertretbare Förmelei.
[22] cc) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts
ist das reduzierte Erhöhungsverlangen im Schriftsatz vom 3. November
2005 auch nicht deshalb unwirksam, weil das SchuldRAnpG eine
rückwirkende Erhöhung nicht vorsieht. Die Kläger machen
Mindestbeträge geltend, die bereits in den ursprünglichen
Erhöhungsverlangen als "minus" enthalten waren. Hätten sie ihr
Begehren nicht auf die im Gesetz vorgesehenen Mindestbeträge
reduziert, so hätte das Landgericht, wenn es die zunächst geltend
gemachten Beträge aus formalen Gründen nicht zusprechen wollte,
diese als "minus" zuerkennen müssen.
[23] dd) Soweit das Berufungsgericht meint, es sei
unzulässig, versäumte Erhöhungen in einem Schritt nachzuholen,
vermag sich der Senat dem nicht anzuschließen. Die Frage, ob ein
Grundeigentümer, der einen Erhöhungsschritt nach § 3 Abs. 1 Satz 2
NutzEV versäumt oder zeitweilig auf ihn verzichtet hat, ihn später
in einem Schritt nachholen kann, ist streitig (Nachweise bei
Kiethe/Schilling SchuldRAnpG § 3 NutzEV Rdn. 36). Der Senat bejaht
die Möglichkeit einer solchen Nachholung.
[24] (1) § 3 NutzEV bestimmt, dass ab 1. November 1993
die Entgelte schrittweise bis zum Erreichen der ortsüblichen Miete
angepasst werden können. Dabei ist genau geregelt, in welcher Höhe
die Miete ab dem Jahre 1993 jährlich angepasst werden darf. Die
Erhöhungsmöglichkeit ist betragsmäßig nur insoweit beschränkt, als
die zulässige Erhöhung sich jeweils an der für einen früheren
Zeitpunkt zulässigen Erhöhung orientiert. So darf z.B. nach § 3
Ziff. 5 NutzEV die ab 1. November 1998 zulässige Erhöhung nur noch
1/3 der sich aus Ziff. 3 ergebenden Erhöhungsmöglichkeit betragen.
[25] (2) Weder § 3 NutzEV noch eine andere Vorschrift
bestimmen zeitliche Mindestabstände zwischen einzelnen
Entgelterhöhungen. Die Verordnung weicht bewusst von § 2 Abs. 1 Satz
1 Nr. 1 MiethöheG (= § 558 BGB) ab (Kiethe/Schilling aaO). Dort hat
der Gesetzgeber zusätzlich Hürden für die jeweilige Erhöhung
geschaffen. So darf eine Erhöhung die letzte Miete nicht um mehr als
20 % übersteigen (sog. Kappungsgrenze). Das hat zur Folge, dass der Vermieter, der die Miete längere Zeit nicht erhöht hat, nicht in einem Schritt die Marktmiete verlangen kann. Zwar ist die Erhöhung nach der NutzEV im oben gesagten Sinne begrenzt. Für jede Erhöhung gibt es eine Obergrenze, die für jedes Jahr - beginnend mit dem Jahr 1993 - festgelegt ist. Im Gegensatz zum MiethöheG bzw. zu § 558 BGB ist der Erhöhungsbetrag aber nicht durch die letzte vorgenommene Erhöhung begrenzt.
[26] (3) Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts Görlitz (Urteil vom 29. August 2000 - 3 C 1604/97 -) und Thiele/Winterstein (SchuldRAnpG 2. Aufl. § 3 NutzEV Rdn. 6) kann auch der Verordnung zur Änderung der NutzEV vom 24. Juli 1997 nicht entnommen werden, dass der Gesetzgeber mit dieser Verordnung die Erhöhung in einem Schritt nicht mehr zulassen wollte. Die Änderungsverordnung hat in der Überschrift und in § 3 Abs. 1 Satz 1 NutzEV die ortsüblichen Entgelte als absolute Obergrenze noch deutlicher als in der ursprünglichen Fassung ausformuliert und in § 3 Abs. 1 Satz 2 NutzEV noch klarer herausgestellt, dass die angemessene Gestaltung in der zeitlich gestreckten Erhöhung bis zur Ortsüblichkeitsgrenze besteht (Kiethe/Schilling aaO Rdn. 3). In der amtlichen Begründung heißt es dazu (BR-Drucks. 381/97 S. 12): "Angemessen ist danach nicht ein sofortiges, mit einem Sprung erreichtes ortsübliches Entgelt, sondern eine über einen bestimmten Zeitraum verteilte Erhöhung." Dieser Formulierung wollen Thiele/Winterstein aaO Rdn. 6 entnehmen, dass nunmehr - anders als vorher - die Erhöhung in einem Schritt, auch in Nachholung vorher versäumter Schritte, nicht mehr zulässig sei. Dem folgt der Senat nicht. Die in der Begründung geforderte Verteilung der Erhöhung "über einen bestimmten Zeitraum" bezieht sich vielmehr auf die gesamte, seit 1993 verflossene und künftig ablaufende Zeit. Dementsprechend steht nach S. 13 der Begründung das Ziel einer zeitlich verteilten Erhöhung "nicht der Möglichkeit entgegen, unterbliebene Erhöhungsschritte ... zu einem späteren Zeitpunkt nachzuholen und sie auch mit einem oder mehreren folgenden Erhöhungsschritten zu verbinden."
[27] (4) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts gebietet auch das Schutzbedürfnis des Mieters keine Begrenzung. Zwar sollte die Verteilung der Erhöhung auf einen längeren Zeitraum "einen sprunghaften Anstieg der Nutzungsentgelte verhindern", der viele Nutzer dazu gezwungen hätte, ihre Erholungsgrundstücke aufzugeben (amtliche Begründung BR-Drucks. 344/93 zu § 3). Die Anpassung in einem Schritt führt aber "insgesamt nicht zu höheren und auch nicht zu verfrühten Belastungen des Nutzers" (Kiethe/Schilling aaO Rdn. 36). Im Gegenteil hat der Nutzer durch die Nichtanpassung jahrelang weniger bezahlt, als der Vermieter hätte verlangen können.
[28] ee) Ohne Rechtsfehler und von der Revision nicht angegriffen geht das Berufungsgericht im Ansatz zutreffend davon aus, dass das Erhöhungsverlangen vom 26. Oktober 2004 bereits deshalb unwirksam ist, weil die Erklärung nicht von allen Grundstückseigentümern abgegeben wurde. Soweit das Berufungsgericht es für möglich hält, im Schriftsatz der Kläger vom 3. November 2005 ein erneutes Erhöhungsverlangen zu sehen, dieses aber wie die anderen Erhöhungsverlangen an mangelnder Begründung scheitern lässt, stellt es auch hier übertriebene Anforderungen, da die Kläger nur die Mindesterhöhung geltend machen. Dieses Verlangen könnte aber für das Jahr 2005 zu keiner Erhöhung mehr führen, da nach § 6 Abs. 2 NutzEV das erhöhte Nutzungsentgelt erst von dem Beginn des dritten auf die Erklärung folgenden Monats zu entrichten ist. Allerdings hat das Berufungsgericht nicht berücksichtigt, dass bereits in der Klagebegründung vom 22. Juni 2005 ein Erhöhungsverlangen für das Jahr 2005 zu sehen sein kann. Zu diesem Zeitpunkt waren die Kläger Eigentümer des Grundstücks. Die Erhöhungserklärung scheitert deshalb nicht an der mangelnden Aktivlegitimation.
[29] 3. Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden. Zwischen den Parteien ist die Größe des überlassenen Grundstücks streitig. Die Kläger gehen von einer Nutzungsfläche von 507 mý aus, während die Beklagte eine solche
von 300 mý behauptet. Die Größe ist für die Höhe des verlangten Pachtzinses bestimmend.
Hahne Fuchs Bundesrichter Dr. Ahlt ist urlaubs bedingt
verhindert zu unterschreiben.
Hahne
Vzina Dose